Erhalten Säuglinge mit atopischer Dermatitis frühzeitig eine umfangreiche Hauttherapie, sinkt zusätzlich das Risiko für eine spätere Hühnereiallergie. Eine Studie zu topischen Glucocorticoiden ergab allerdings nur eingeschränkt überzeugende Ergebnisse sowie Nebeneffekte für die Entwicklung.
Eine Plage kommt selten allein
Nahrungsmittelallergien schränken die Lebensqualität stark ein und können eine ernste Gesundheitsgefahr durch drohende Anaphylaxie darstellen. Die steigende Verbreitung wird bereits mit einer globalen Epidemie verglichen, die sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft eine zunehmende Belastung bedeutet. Besonders verbreitet sind Allergien auf Erdnuss und Hühnerei.
Atopische Dermatitis und Allergien treten häufig gemeinsam auf. Insbesondere bei Kindern mit einer frühen Dermatitis-Diagnose gesellen sich oft Nahrungsmittelallergien in den weiteren Lebensjahren hinzu. Anerkannte Maßnahmen zur Prävention bzw. frühzeitigen Intervention sind die frühe Fütterung allergener Lebensmittel sowie die frühzeitige Behandlung einer atopischen Dermatitis.
Intensive Behandlung als Schutz vor Allergie
Konventionelle Dermatitis-Behandlungen mit Emollienzien und niedrigdosierten entzündungshemmenden Arzneimitteln wie topischen Glucocorticoiden (TCS) führen zu Verbesserungen der Hautläsionen. Autoren einer aktuell veröffentlichten randomisierten japanischen Studie mit 640 Probanden untersuchten nun, inwieweit eine frühe intensivierte Neurodermitis-Therapie der Allergieprävention dient. Kann eine TCS-Anwendung, die über das konventionelle Auftragen auf betroffene Hautstellen hinausgeht, proaktiv eine Sensibilisierung und damit eine spätere Nahrungsmittelallergie verhindern?
318 Säuglinge im Alter zwischen 7 und 13 Wochen erhielten zusätzlich zur konventionellen Emollienzien-Anwendung eine topische Behandlung nicht-läsionaler Hautpartien: Alclometasondipropionat 0,1% für das ganze Gesicht sowie Betamethasonvalerat 0,12% für den ganzen Körper außer Kopfhaut und Gesicht, zweimal täglich für 14 Tage, gefolgt von einer weiterführenden Behandlung zweimal wöchentlich. Die übrigen 322 Säuglinge erhielten nur die konventionelle Anwendung.
Weniger Allergien, weniger Gewicht
Bei den Kindern mit ausgeweiteter Hautbehandlung wurde im Alter von 28 Wochen signifikant seltener eine Hühnereiallergie per Provokationstest festgestellt als bei der Kontrollgruppe mit konventioneller Therapie: 31,4% vs. 41,9%; p=0,0028. Die ermittelte Risikoreduktion betrug ‒10,5%. Darüber hinaus wiesen Gesamt-IgE-Antikörper-Titer sowie spezifische IgE-Antikörpertiter (Hühnerei-Eiweiß, Ovomucoide, Milch, Soja, Weizen und Erdnuss) niedrigere Sensibilisierungen auf. Auch die Dermatitis-freien Zeitabschnitte waren unter der ausgeweiteten Therapie länger, der Schweregrad nach EASI-75-Score niedriger (78,3% vs. 64,3%).
Allerdings beobachteten die Forscher Auswirkungen auf die Entwicklung: Bei einigen Säuglingen zeigte sich eine vorübergehende Wachstumsverzögerung. Das Körpergewicht war im Mittel um 422 Gramm (95%-Konfidenzintervall [KI] ‒553 bis ‒292) niedriger, die Körpergröße im Alter von 28 Wochen im Mittel um 0,8 cm gesenkt (95%-KI ‒1,22 bis ‒0,33 cm).
Risikoabwägung nahezu unmöglich
Die Studienautoren geben zu, ein besseres Ergebnis für die intensivierte Dermatitis-Therapie in Bezug auf die Nahrungsmittelallergie erwartet zu haben. Schwächen im Studiendesign, etwa die Schwierigkeit, die Dosis topischer Arzneimittel zu vereinheitlichen und zu vergleichen, erschwerten die Auswertung. Eine erweiterte Behandlung müsse an die Schwere der Hautläsionen angepasst und so eine Überbehandlung vermieden werden.
Es stecke trotzdem ein bedeutendes Potenzial in einem gut gesteuerten Dermatitis-Management als Präventionsstrategie für Nahrungsmittelallergien, doch die veränderten Wachstumsentwicklungen, evtl. ausgelöst durch die hohen TCS-Dosen, sind als Sicherheitsrisiko zu betrachten. Ein Abwägen zwischen dem Risiko durch Wachstumsverzögerungen und Nahrungsmittelallergien gestalte sich äußerst schwierig.
Die Studienautoren geben abschließend keine Empfehlung für diese Studienmethodik. Eventuell können weitere nichtsteroidale topische Behandlungen mit Calcineurin-Inhibitoren, topischen Januskinase-Inhibitoren oder selektiven Phosphodiesterase-4-Inhibitoren bessere Präventionsmaßnahmen darstellen. Eine proaktive Therapie als Erhaltungstherapie zur Vorbeugung von Krankheitsschüben bei etablierter chronisch rezidivierender atopischer Dermatitis, wie in verschiedenen Leitlinien für Neurodermitis empfohlen, sei jedoch unbedingt empfehlenswert.
Quelle
Yamamoto-Hanada K, Kobayashi T, Mikami M, et al. Enhanced early skin treatment for atopic dermatitis in infants reduces food allergy. J Allergy Clin Immunol 2023, available online 22 March 2023, https://doi.org/10.1016/j.jaci.2023.03.008.