Bei Typ-1-Diabetes gehen die insulinproduzierenden Betazellen zugrunde. Verapamil kann diesen Prozess möglicherweise verlangsamen.
Zerstörung der Betazellen aufhalten
Bei Typ-1-Diabetes kommt es mit der Zeit zu einer vollständigen Zerstörung der insulinproduzierenden Betazellen in den Langerhans-Inseln der Bauchspeicheldrüse. Wenigstens eine minimale Restfunktion der Betazellen zu erhalten, ist wünschenswert, da dies mit einem niedrigeren Risiko für vaskuläre Komplikationen und Hypoglykämie verbunden ist.
In den letzten Jahren wurden einige Signalwege entdeckt, die möglicherweise mit der Entstehung von Typ-1-Diabetes zusammenhängen. Unter anderem zeigte sich, dass eine Überexpression vom sogenannten TXNIP (Thioredoxin-interacting protein) die Apoptose von Betazellen induziert. Calcium-Kanal-Blocker wie Verapamil reduzieren die TXNIP-Expression und damit das Absterben der Betazellen.
Gemessen werden kann der Effekt über C-Peptid-Level: Proinsulin wird unter Abspaltung von C-Peptid in Insulin umgewandelt. Somit ist der Spiegel an C-Peptid ein Maß für die Funktion der Beta-Zellen.
In einer aktuellen Studie wurde nun die Wirksamkeit von Verapamil auf die Betazell-Funktion bei Kindern und Jugendlichen mit neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes untersucht.
Betazell-Erhalt unter Verapamil
88 Kinder und Jugendliche wurden in die Studie eingeschlossen. Primärer Endpunkt war der C-Peptid-Spiegel (AUC). Weitere Endpunkte waren der Anteil an Patienten mit einem C-Peptid-Spiegel von mindestens 0,2 pmol/ml und der HbA1c-Wert.
Die AUC betrug in der Verapamil-Gruppe 0,66 pmol/ml zu Studienbeginn und 0,65 pmol/ml nach 52 Wochen. Unter Placebo war sie nach 52 Wochen von 0,60 pmol/ml auf 0,44 pmol/ml gesunken (adjustierte Differenz 0,14 pmol/ml; p=0,04). Ein höherer Anteil an Patienten in der Verapamil-Gruppe hatte einen C-Peptid-Spiegel von mindestens 0,2 pmol/ml (95% versus 71%). Der HbA1c-Wert lag bei 6,6% in der Verapamil-Gruppe und bei 6,9% in der Placebo-Gruppe. Jeweils acht Patienten pro Gruppe hatten leichte therapiebezogene Nebenwirkungen.
Verapamil konnte die C-Peptid-Sekretion insgesamt besser erhalten als Placebo. Nun braucht es laut Studienautoren weitere Studien, um zu evaluieren, wie lange die Wirkung anhält und wie lange die Therapie durchgeführt werden muss.
Quelle
Forlenza, et al. Effect of Verapamil on Pancreatic Beta Cell Function in Newly Diagnosed Pediatric Type 1. JAMA 2023;329:990–9. doi:10.1001/jama.2023.2064