Können GLP-1-Rezeptoragonisten, DPP-4- oder SGLT-2-Inhibitoren das Risiko für COPD-bedingte Exazerbationen bei Typ-2-Diabetikern reduzieren? Zumindest zwei der drei Substanzgruppen scheinen Sulfonylharnstoffen dahingehend überlegen zu sein.
Neue Möglichkeiten für Antihyperglykämika?
Es gibt Hinweise darauf, dass Glucagon-like peptidase 1 (GLP-1)-Rezeptoragonisten, Dipeptidylpeptidase-4 (DPP-4)-Inhibitoren und Natrium-Glucose-Co-Transporter-2 (SGLT-2)-Hemmer neben ihren positiven kardiovaskulären Wirkungen auch günstige Effekte für die Lungenfunktion haben. Frühere Untersuchungen lassen vermuten, dass GLP-1-Rezeptoragonisten die Überempfindlichkeit und Entzündungen der Atemwege reduzieren und die forcierte Vitalkapazität bei Patienten mit eingeschränkter Lungenfunktion verbessern könnten. DPP-4-Inhibitoren hingegen können die endogene GLP-1-Konzentration erhöhen und DPP-4, in der Lunge von Patienten mit COPD-Exazerbationen hochreguliert, blockieren und so die bronchiale Überempfindlichkeit reduzieren. SGLT-2-Rezeptoren werden zwar nicht in der Lunge exprimiert, können aber die Erhöhung des CO2-Gehalts im Blut (Hyperkapnie oder Kohlendioxidretention) reduzieren und das Lungenentzündungsrisiko verringern.
Drei im Vergleich
Da Typ-2-Diabetes bei Patienten mit COPD mit einem hohen Risiko für Morbidität und Mortalität einhergeht, wurde diese Patientengruppe in einer aktuellen britischen populationsbasierten Studie in Bezug auf die möglichen Vorteile der Antihyperglykämika untersucht. Dabei wurden die verschiedenen Wirkstoffgruppen anhand drei aktiver Vergleichskohorten jeweils gegenüber Sulfonylharstoffen analysiert.
- Kohorte 1: 1252 Patienten erhielten GLP-1-Rezeptoragonisten und 14.259 Patienten Sulfonylharnstoffe
- Kohorte 2: 8731 Patienten erhielten DPP-4-Inhibitoren und 18.204 Patienten Sulfonylharnstoffe
- Kohorte 3: 2956 Patienten erhielten SGLT-2-Inhibitoren und 10.841 Patienten Sulfonylharnstoffe
Der primäre Endpunkt schwere Exazerbation der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung war definiert als Krankenhausaufnahme mit COPD-Diagnose. Weiterhin untersuchten die Studienautoren, ob die Medikation auch mit einem verringerten Risiko einer mittelschweren Exazerbation verbunden war. Diese war definiert als gleichzeitige Verschreibung eines oralen Glucocorticoids und eines Antibiotikums mit gleichzeitiger ambulanter COPD-Diagnose am selben Tag.
Vorteil für GLP-1-Rezeptoragonisten und SGLT-2-Inhibitoren
Die Ergebnisse im Vergleich mit Sulfonylharnstoffen fielen unterschiedlich aus.
Unter GLP-1-Rezeptoragonisten war das Risiko für eine schwere COPD-bedingte Exazerbation bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung um 30 % (3,5 vs. 5,0 Ereignisse pro 100 Personenjahre) und für eine mittelschwere Exazerbation um 37 % verringert.
SGLT-2-Inhibitoren reduzierten das Risiko einer schweren Exazerbation um 38% (2,4 vs. 3,9 Ereignisse pro 100 Personenjahre). Ein Vorteil bezüglich des Risikos einer mittelschweren Exazerbation bestand jedoch nicht.
Der Effekt von DPP-4-Inhibitoren war dagegen nicht eindeutig mit einem insgesamt geringeren Risiko für schwere (4,6 vs. 5,1 Ereignisse pro 100 Personenjahre) und mäßige Exazerbation verbunden. Die Studienautoren bewerteten die Risikoreduktion durch DPP-4-Inhibitoren als bescheiden.
Quelle
Pradhan R, Lu S, Yin H, et al. Novel antihyperglycaemic drugs and prevention of chronic obstructive pulmonary disease exacerbations among patients with type 2 diabetes: population based cohort study. BMJ 20221;379:e071380. doi: 10.1136/bmj-2022-071380. PMID: 36318979; PMCID: PMC9623550.