Endometriose-Patientinnen noch immer unterversorgt

Die Aufmerksamkeit für die Frauenkrankheit Endometriose wächst. Doch es ist noch viel zu tun, um betroffenen Frauen adäquat zu helfen. Um das Verständnis für die Erkrankung zu erhöhen, haben einige Fachgesellschaften und Arbeitsgemeinschaften ein „Factsheet Endometriose“ herausgegeben.

190 Millionen Betroffene weltweit

Endometriose ist eine der häufigsten gutartigen gynäkologischen Erkrankungen: Schätzungen zufolge leiden 10 bis 15 % der Frauen während der reproduktiven Lebensphase darunter, entsprechend etwa 2 bis 4 Millionen Betroffene in Deutschland und weltweit etwa 190 Millionen Frauen. Bei Endometriose wächst gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutterhöhle. Die Herde können oberflächlich im Bauchfell vorkommen, aber auch infiltrierend in andere Organe wie Darm, Blase oder Harnleiter einwachsen. Wie ihre Ursprungszellen sind diese Herde hormonempfindlich. Die mitunter sehr starken Regelschmerzen können zu Arbeitsunfähigkeit führen und mit Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall assoziiert sein. Eine weitere Komplikation stellen zentrale Sensitivierungsmechanismen dar, die die Symptomatik verstärken können.

Diagnose im Mittel erst nach zehn Jahren

Aufgrund der im Anfangsstadium oft fehlenden organischen Befunde bei der gynäkologischen Untersuchung erfolgt der Beginn einer Behandlung häufig erst nach einer längeren Zeit: In Deutschland und Österreich dauert es im Mittel zehn Jahre, ehe die Diagnose gestellt wird. Die fehlende Abrechnungsmöglichkeit der ärztlichen Leistungen bei Verdacht auf Endometriose, die eine ausführliche Schmerzanamnese sowie einen erweiterten Ultraschall beinhalten sollten, erschwere die Situation in der Niederlassung, wie die Arbeitsgemeinschaften für Endometriose und Gynäkologische Endoskopie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe in einem Factsheet zur Endometriose ausführen.

Menstruationsschmerzen häufig noch als „normal“ angesehen

Immer noch werden Menstruationsschmerzen zu wenig thematisiert. Nur die Hälfte der Betroffenen spreche über ihr Problem, heißt es im Factsheet. Da sie oft kein Verständnis erführen, versuchten die Frauen, die Situation zu akzeptieren. Denjenigen, die sich an Mediziner wandten, wurde in mehr 50 % der Fälle erklärt, dass alles „normal“ sei.

An Schulen sollten Aufklärungskampagnen verankert werden […]. Möglichkeiten, mit den Schmerzen umzugehen, gehören aufgezeigt.

Keine kausale Therapie

Da die Ursache für die Endometriose noch nicht aufgedeckt werden konnte, fehlen bisher kausale Therapiemöglichkeiten. Medikamentöse (Schmerzmedikamente oder hormonelle Therapien) und operative Ansätze stehen jedoch zur Verfügung. Komplementäre Verfahren und multimodale Schmerztherapie erwiesen sich ebenfalls als hilfreich.

Mit zunehmendem Verständnis für den chronischen Charakter der Erkrankung ist vielerorts glücklicherweise ein gewisser Paradigmenwechsel eingetreten.

Die Arbeitsgemeinschaften für Endometriose und Gynäkologische Endoskopie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe unterstützen den Forderungskatalog der Selbsthilfeorganisation Endometriose-Vereinigung Deutschland. Unter anderem sollen Betroffene an zertifizierte Endometriosezentren weitergeleitet werden. Es sei aber noch viel zu tun, so die Fachgesellschaften: Nach wie vor hakt es an der Kostenübernahme und Strukturen, um Endometriose-Patientinnen multimodal behandeln zu können.

Quelle

Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. vom 4. November 2022 „Endometriose: Fakten aus der Wissenschaft“