Viele Krebspatienten nehmen während ihrer Behandlung Nahrungsergänzungsmittel oder Antioxidantien – meist, ohne ihre behandelnden Ärzte davon in Kenntnis zu setzen. Forscher aus Fulda warnen vor möglichen Wechselwirkungen.
Wechselwirkungen nicht zu unterschätzen
Um Nebenwirkungen ihrer Therapie zu mindern, einen vermeintlichen Mangel auszugleichen oder aus Hoffnung, den Krebs selbst besiegen zu können, nehmen nicht wenige Krebspatienten Vitamine, Mineralien oder Antioxidantien während ihrer Krebstherapie. Oft geschieht dies, ohne dass tatsächlich ein Mangel festgestellt wurde und ohne die behandelnden Ärzte darüber zu informieren.
Einer systematischen Literaturrecherche von Wissenschaftlern des Fachbereichs Oecotrophologie der Hochschule Fulda zufolge nutzen bis zu 80 % der Krebspatienten nach ihrer Diagnose Supplemente und Nahrungsergänzungsmittel, darunter Multivitamine (bis zu 70 %), ausgewählte Vitamine oder Mineralien wie Vitamin C (bis zu 40 %) und Vitamin E (knapp 50 %) oder bestimmte Gruppen von Substanzen wie Antioxidantien (bis zu 80 %). Ebenso wurden klinische Interventionsstudien, in denen ausgewählte Nahrungsergänzungsmittel bzw. Antioxidantien begleitend zu einer herkömmlichen Therapie zur Minimierung von Nebenwirkungen zum Einsatz kamen, einbezogen. Zusätzlich untersuchte das Forschungsteam die Interaktion von Vitaminen, Mineralien und Antioxidantien mit verschiedenen Chemotherapeutika oder Bestrahlungstherapie und analysierte, inwiefern sie den Erfolg herkömmlicher Krebstherapien beeinflussen können.
Die Autoren warnen nun vor Wechselwirkungen: Bei vielen der etablierten Therapien erfolgt die Bekämpfung der Tumorzellen unter anderem durch oxidativen Stress. Vitamine, Mineralien und insbesondere Antioxidantien, die gesunde Zellen üblicherweise vor oxidativem Stress schützen, können den Transkriptionsfaktor Nrf-2 aktivieren, einen zellulären Abwehrmechanismus gegen oxidativen Stress. Auf diese Weise, so das Team aus Fulda, können Nahrungsergänzungsmittel zur Resistenz von Krebszellen beitragen.
Krebspatienten auf Nahrungsergänzungsmittel ansprechen
Die Autoren plädieren dafür, das Bewusstsein für mögliche Wechselwirkungen bei Patienten, aber auch beim medizinischen Fachpersonal zu stärken. Sowohl im Arztgespräch, aber auch in der Apotheke sollte sich Zeit genommen werden, mit onkologischen Patienten über alternative und komplementäre Therapien (CAM) sowie Nahrungsergänzungsmittel zu sprechen. Das empfiehlt auch Ernährungsexperte Martin Smollich, Lübeck, in einem DAZ-Podcast von Anfang September 2022.
Quellen
- Krejbich P, Birringer M. The self-administered use of complementary and alternative medicine (cam) supplements and antioxidants in cancer therapy and the critical role of Nrf-2 – a systematic review. Antioxidants 2022;11:2149. https://doi.org/10.3390/antiox11112149.
- Pressemitteilung der Hochschule Fulda vom 3. November 2022