Zusammenhänge zwischen Rheuma und Immundefekten

Erkenntnisse über Genveränderungen könnten zukünftig den Weg für eine frühzeitige und individualisierte Rheumatherapie ebnen. Häufig tritt die Erkrankung zusammen mit angeborenen Immunstörungen auf.

Gen-Analysen entschlüsseln Krankheiten

Zunehmende Erkenntnisse anhand von Erbgut-Analysen kommen immer mehr Krankheiten auf die Spur, die mit angeborenen Immundefekten in Verbindung stehen. Betroffene leiden oft seit der frühen Kindheit unter wiederkehrenden Infekten, zusätzlich tauchen bei ihnen häufig Autoimmunerkrankungen auf, beispielsweise Rheuma. Aktuelle Entwicklungen in der Forschung sowie deren Relevanz für die Rheumatherapie wurden auf einer Vorab-Pressekonferenz anlässlich des Deutschen Rheumatologiekongresses 2022 präsentiert.

Bestimmte Genveränderungen treten gehäuft auf

Es gab bereits Hinweise, dass bei einigen Patienten mit angeborener primärer Immundefizienz eine Genveränderung vorliegt. Zugleich ergaben Beobachtungen, dass viele Menschen mit solch einer Immundefizienz rheumatologische Erkrankungen aufwiesen. Sind genetisch bedingte Störungen der Immunabwehr also mit Rheuma verknüpft? Ob und wie häufig Genveränderungen bei Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen vorkommen, sollte eine Analyse von 1000 Patienten beantworten.

Es konnte nachgewiesen werden, dass bei fast der Hälfte der Patienten mit Rheuma und Immundefekt jene Genveränderungen vorliegen, die bisher lediglich mit Immundefekten in Verbindung gebracht wurden. Unter Patienten, die lediglich unter einem Immundefekt litten, war nur bei elf Prozent eine Genveränderung nachweisbar. „Die Verbindung von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und Immundefekten ist somit überwiegend genetisch bedingt“, schlussfolgerte Prof. Dr. med. Torsten Witte, Hannover.

Bedeutsam für personalisierte Therapie

Genetische Untersuchungen bei neu diagnostizierten Rheumapatienten könnten zukünftig frühzeitig über mögliche Genveränderungen aufklären. Die Erkenntnisse aus den aktuellen Untersuchungen haben aus Sicht des Experten entscheidende therapeutische Konsequenzen und öffnen den Weg zu einer individualisierten Rheumatherapie.

Das häufige Auftreten von Autoimmunreaktionen bei Menschen mit Immundefekt habe ein neues Verständnis für beide Erkrankungen geschaffen, bestätigte Prof. Dr. med. Andreas Krause, Berlin. „Wir betrachten einen Immundefekt nicht mehr nur als Erkrankung, die auf der fehlenden Aktivierung des Immunsystems beruht“, so der DGRh-Kongresspräsident.

Die Betroffenen haben eher ein nicht korrekt austariertes Immunsystem, bei dem es zu einer fehlenden oder einer überschießenden Reaktion kommen kann.

Für die Behandlung sei es wichtig zu beachten, welche Komponente gerade im Vordergrund stehe. „Bei Infektionen benötigen die Patienten Antibiotika, im nächsten Moment müssen wir Immunsuppressiva geben, um das Immunsystem wieder ins Gleichgewicht zu bringen“, so Prof. Krause. Mit den richtigen Arzneimitteln können sowohl Immundefizite als auch Rheumaerkrankungen verbessert werden.

Quellen

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh). Online-Pressekonferenz anlässlich des Deutschen Rheumatologiekongresses 2022 am 23. August 2022.

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh). Pressemitteilung „Wenn das Immunsystem zu stark und zu schwach zugleich ist: Studie über Genveränderungen zeigt neue Behandlungschancen für Rheuma auf“ vom 22.08.2022.