Kniearthrose: Ist Hyaluronsäure eine Option?

In einer aktuellen Metaanalyse wurden die Wirksamkeit und das Auftreten schwerer Nebenwirkungen von intraartikulärer Hyaluronsäure bei Gonarthrose analysiert.

Hyaluronsäure bei Gonarthrose

Weltweit leiden etwa 560 Millionen Menschen an einer Kniegelenksarthrose. Bei dieser chronischen degenerativen Erkrankung spielen sowohl entzündliche als auch strukturelle Veränderungen der Gelenke eine Rolle. Diese führen zu Schmerzen und funktionellen Beeinträchtigungen.

Intraartikulär applizierte Hyaluronsäure wird häufig zur Behandlung der Kniearthrose eingesetzt. Die Wirksamkeit und auch Sicherheit dieser Behandlung sind aber nach wie vor Gegenstand kontroverser Meinungen und auch Leitlinienempfehlungen. So wird in der NICE-Leitlinie von einer intraartikulären Hyaluronsäure-Injektion abgeraten. In der deutschen S2k-Leitlinie zur Gonarthrose wird sie für Patienten empfohlen, bei denen der Einsatz von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) kontraindiziert ist oder wenn diese nicht ausreichend wirken.

Kaum Besserung der Schmerzen und Funktion durch Hyaluronsäure

In einer systematischen Übersichtsarbeit mit Metaanalyse wurden in einer Auswertung 24 große, randomisierte Placebo-kontrollierte Studien mit insgesamt 8997 Patienten eingeschlossen. In den meisten Studien wurden mehrere Injektionen verabreicht. Das Molekulargewicht und der Vernetzungsgrad der Hyaluronsäure-Präparate unterschied sich zwischen den einzelnen Studien.

Primärer Endpunkt war die Schmerzintensität, sekundäre Endpunkte die Funktion und schwere unerwünschte Ereignisse.

Die Hyaluronsäure-Injektionen bewirkten eine geringe Reduktion der Schmerzintensität im Vergleich mit Placebo (standardisierte Mittelwertdifferenz –0,08, 95%-Konfidenzintervall –0,15 bis –0,02). Der untere Wert des 95%igen Konfidenzinteralls schloss den minimalen klinisch relevanten Unterschied zwischen den Gruppen jedoch aus. Diese Mittelwertdifferenz entspricht einem Unterschied von –2 mm auf der visuellen 100-mm-Analogskala.

Für die Funktion wurden ähnliche Ergebnisse erhalten. Die Auswertungen aus 15 Studien mit 6462 Patienten ergab jedoch ein statistisch signifikant höheres Risiko für schwere unerwünschte Ereignisse (relatives Risiko 1,49, 95%-KI 1,12–1,98).

Kaum Wirkung, aber häufiger schwere UAW

Diese Studienergebnisse zeigen nur eine minimale, klinisch nicht relevante Reduktion der Schmerzintensität durch Hyaluronsäure bei Gonarthrose. Schwere unerwünschte Ereignisse traten im Vergleich zu Placebo jedoch häufiger auf. Deshalb raten die Autoren von intraartikulären Hyaluronsäure-Injektionen ab.

Genau auf die Studienergebnisse schauen

In der deutschen Leitlinie wird beim Thema Hyaluronsäure zurecht darauf hingewiesen, dass sich die meisten Hyaluronsäure-Präparate erheblich voneinander unterschieden. Zum einen weisen sie ein unterschiedliches Molekulargewicht auf (0,7 bis 3 mDa) und zum andern unterscheiden sie sich auch in der Struktur bzw. dem Vernetzungsgrad (linear, quervernetzt).

So auch in diesen Studien. Bei genauer Durchsicht der Studienergebnisse fällt zudem auf, dass die aufgetretenen schweren unerwünschten Ereignisse in keiner der zwölf Studien in einem kausalen Zusammenhang zu den Hyaluronsäure-Injektionen standen; in 11 von 12 Studien wurde ein kausaler Zusammenhang sogar ausgeschlossen. Laut Leitlinie sind Gelenkreaktionen nach intraartikulärer Hyaluronsäure-Applikation normalerweise leicht und nur mit  geringem Knieschmerz verbunden, der durch Schonung, Eis und Analgetika gut zu behandeln ist.

Quelle

Pereira TV et al. Viscosupplementation for knee osteoarthritis: systematic review and meta-analysis. BMJ 2022;378:e069722.