Kopfverletzungen und Gehirnerschütterungen bergen das Risiko für kognitive Beeinträchtigungen im späteren Leben. In einigen Sportarten, unter anderem im Fußball, kommen solche Verletzungen regelmäßig vor. Eine aktuelle Untersuchung zeigt nun, dass Männer und Frauen im Fußball nicht gleich häufig betroffen sind.
Sport als Risikofaktor
Kopfverletzungen und Gehirnerschütterungen können im späteren Leben neurodegenerative Erkrankungen begünstigen. Somit können sich einige beliebte Sportarten nachteilig auf die spätere Gesundheit und Kognition auswirken. Mehreren Studien zufolge erhöhen beispielsweise Kopfbälle beim Fußball, aber auch Schläge auf den Kopf bei anderen Sportarten wie Boxen oder American Football, und daraus eventuell resultierende Gehirnerschütterungen das Risiko, im späteren Leben eine Demenz zu entwickeln.
Kopfbälle beim Fußball sind somit immer wieder Diskussionsthema. Einige Ärzte forderten gar ein gänzliches Kopfballverbot – zumindest für den Jugendfußball. Gemäß den UEFA-Richtlinien (PDF) sollen Jugendliche wegen möglicher Verletzungen das Kopfballtraining reduzieren und mit altersgerechten Ballgrößen oder Schaumstoffbällen trainieren.
Ein aktueller Review zeigt nun außerdem, dass Fußballspielerinnen sich beim Spiel häufiger Gehirnerschütterungen zuziehen als männliche Spieler. Außerdem ist die Ursache oft eine andere. Bei Frauen überwiegen Verletzungen aus dem Kontakt mit Ball, Pfosten oder Boden, bei Männern ist die Hauptursache der Körperkontakt mit dem Gegner.
Mehr Gehirnerschütterungen bei Frauen
Sechs retrospektive Studien wurden eingeschlossen. Als Verursacher für Gehirnerschütterungen wurden insbesondere Kopfbälle gewertet (Daten aus sechs Studien), aber auch Torhüten und andere Spielzüge („allgemeines Spiel“, z. B. Abwehraktionen oder Passannahme; jeweils drei Studien).
In der gepoolten Analyse hatten Frauen signifikant mehr durch Kopfbälle verursachte Gehirnerschütterungen als Männer und auch die Torhüterinnen waren öfter betroffen als die männlichen Pendants. Beim allgemeinen Spiel war die gepoolte Rate an Gehirnerschütterungen aus drei Studien bei Frauen höher, allerdings war das Ergebnis nur in einer der drei einbezogenen Studien signifikant.
Ursachen und Lösungsansätze
Die Unterschiede können durch verschiedene Faktoren bedingt sein. Die Studienautoren nennen beispielsweise die unterschiedliche Physiologie als möglichen Grund (z. B. schwächere Muskulatur im Kopf-Hals-Bereich), aber auch, dass Frauen die Symptome einfach häufiger melden.
Unabhängig vom Geschlecht weisen die Autoren darauf hin, dass generell Maßnahmen zur Reduktion von Kopfverletzungen inklusive Gehirnerschütterungen sinnvoll sein können. Hier hat sich eine 2006 in der deutschen Bundesliga eingeführte Regeländerung bereits bewährt: Bei Ellenbogenchecks in Kopfballduellen wird der Spieler sofort mit roter Karte des Platzes verwiesen. Dementsprechend ist die Zahl der Verstöße und damit auch die Zahl der Gehirnerschütterungen zurückgegangen (um rund 30 %).
Um speziell für Frauen, die scheinbar anfälliger für Gehirnerschütterungen sind, das Risiko zu senken, bringen die Autoren unterschiedliche Regeln für Männer und Frauen ins Spiel (ähnlich wie in manchen Eishockey- oder Lacrosse-Ligen üblich). Weitere Möglichkeiten wären andere Trainingsmethoden für Frauen und im Falle einer medizinischen Behandlung an das erhöhte Risiko für Gehirnerschütterungen bei Frauen zu denken.
Zum Weiterlesen
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Quelle
Dave U, et al. Systematic review and meta-analysis of sex-based differences for concussion incidence in soccer. Phys Sportsmed 2022 Feb;50:11–19.