Versorgungsstrategie für Volkskrankheit Kopfschmerz

Obwohl chronische Kopfschmerzen mehr als 12 Millionen Menschen hierzulande betreffen, mangelt es an einer adäquaten Primärversorgung. Das soll eine Initiative nun ändern.

Weitverbreitet und belastend

Mit 57% der Frauen und 44% der Männer in Deutschland, die binnen eines Jahres mindestens einmal von ihnen betroffen sind, sind Kopfschmerzen als Volkskrankheit einzuordnen. Für viele Patienten sind die Beschwerden ein lebenslanges Problem, das seit dem Schulalter besteht. Anders als bei Diabetes mellitus oder Bluthochdruck gibt es für sie jedoch nur wenige Möglichkeiten, durch Lebensstilveränderungen Einfluss zu nehmen. Umso wichtiger ist eine adäquate medizinische Primärversorgung, um Kopfschmerzen und die daraus entstehenden erheblichen Einschränkungen im sozialen und beruflichen Leben zu minimieren. Aufgabe der Basisversorgung ist außerdem, potenziell schwere Verläufe abzuwenden und eine Chronifizierung zu vermeiden.

Wichtigster Ansprechpartner Hausarzt

Kopfschmerzen sind ein typischer Fall für den Gang zum Hausarzt oder für die Selbstmedikation. Die meisten Patienten erreichen so allerdings keine befriedigende Verbesserung. Mängel an angemessener medizinischer Beratung seien weitverbreitet, ebenso das Ärztewissen bezüglich der Diagnostik und der Medikation von Akut- und Präventivtherapien, berichtete Prof. Hartmut Göbel, Kiel, im Rahmen einer Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS).

Kopfschmerzen sind der zweithäufigste Beratungsanlass in der primärärztlichen Versorgung. Trotzdem fehlt es für die Versorgung sowohl an Ausbildung als auch an Erfahrung.

Bis Patienten, die keine ausreichende Linderung erreichen oder bei denen der Leidensdruck steigt, den Weg zu einem Spezialisten oder Schmerzzentrum finden, vergehen oft mehrere Jahre. Zudem bestehen oft bereits Übergebrauchskopfschmerzen oder Nierenschäden durch fehlerhaften Arzneimittelgebrauch, lautet die Erfahrung des DGS-Vizepräsidenten Dr. Michael Küster, Bonn.

Dabei ist eine (Weiter-)Entwicklung von Leitlinien, Behandlungskonzepten und Therapieoptionen durchaus in den letzten Jahren erfolgt. Die Erkenntnisse um Kopfschmerzen sind gewachsen, allein die Umsetzung in die Versorgung ist aus Sicht der Experten als mangelhaft einzustufen.

DGS-Initiative rückt Kopfschmerz in den Fokus

Eine Anfang August 2022 gestartete Initiative soll die Basisversorgung der Patienten mit chronischen Kopfschmerzen in Deutschland verbessern. Ziele sind eine deutlichere Wahrnehmung von Kopfschmerzen und ein flächendeckend leichterer Zugang zu modernen Therapieoptionen. Geplante Strategien bestehen in einem Migräne-Spezialversorgungs-Vertrag mit Krankenkassen und in der verstärkten Nutzung digitaler Therapiebegleitung.

Eckpunkte der DGS-Initiative sind u.a.:

  • neue Fortbildungsmöglichkeiten für Ärzte in der Primärversorgung
  • eine Überarbeitung der DGS-PraxisLeitlinie „Primäre Kopfschmerzerkrankungen“
  • daraus abgeleitet: ein neuer DGS-PraxisLeitfaden
  • DGS-CME-Fortbildungsprojekte in der Primärversorgung
  • Öffentlichkeitsarbeit in Form von Podcasts, Publikationen usw.
  • Zusammenarbeit mit primärversorgenden Fachgesellschaften, insbesondere Hausärzten, Gynäkologen und hausärztlich tätigen Fachgruppen
  • eine Studie in Kooperation mit dem PraxisRegister Schmerz

Quelle

Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS). Online-Pressekonferenz „DGS im Dialog – DGS-Initiative chronischer Kopfschmerz – Für eine Verbesserung in der Primärversorgung“ am 24. August 2022.