Warum Myome nicht bei allen Frauen Symptome verursachen, weshalb die Lage viel entscheidender ist als die Größe und welcher Zusammenhang zwischen Myomen und Infertilität besteht, beleuchtete Dr. med. Thomas Römer, Köln, auf dem diesjährigen Fortbildungskongress (FOKO) des Bundesverbandes der Frauenärzte.
Was ist ein Myom?
Ein Myom, genauer Uterusmyom, ist ein benigner Muskeltumor in der Gebärmutter, der – je nach Lage und Größe – Symptome verursachen kann. Aber nicht alle Patientinnen haben Beschwerden, wobei die Wahrscheinlichkeit mit der Größe und Anzahl der Myome zunimmt. Die Prävalenz liegt im Schnitt bei 41,5 %, allerdings ist sie altersabhängig und steigt mit dem Alter. Während sie bei den 30- bis 35-jährigen Frauen bei 21,3 % liegt, beträgt sie bei den 46 bis 50-Jährigen 62,8 %.
Unterschiedliche Myome verursachen unterschiedliche Symptome
Mehr als die Hälfte aller Patientinnen (54,3 %) leiden unter Myom-assoziierten Symptomen. Ein – wenn nicht sogar das wichtigste – Hauptsymptom, ist Hypermenorrhö. Zusätzlich treten oft auch Druckgefühle und/oder Schmerzen im Unterbauchbereich. Gynäkologen unterscheiden folgende Myom-Arten:
- Intramural: in der Uteruswand liegend (am häufigsten)
- Subserös: unterhalb des Perimetriums lokalisiert
- Submukös: unterhalb des Endometriums (am seltensten)
Blutungsstörungen treten vor allem bei submukösen (95 %) und intramuralen (60 %) Myomen auf. Die Größe der Myome kann zwischen wenigen Millimetern und mehreren Zentimetern variieren. Zu den möglichen Folgen zählen Obstipation und Miktionsbeschwerden, beeinträchtigte Infertilität sowie Becken-, Rücken- oder Ischiasschmerzen. Römer betonte jedoch, dass die Lage eines Myoms weitaus wichtiger sei als die Größe.
Myome und Blutungsstörungen – Mechanismen
Römer beleuchtete auch die unterschiedlichen Mechanismen, die für die Myom-bedingten Blutungsstörungen verantwortlich sein können. Eine Rolle hierbei spielten
- eine deformierte und/oder vergrößerte Gebärmutterhöhle
- eine Störung der Uteruskontraktilität (gesteigert)
- eine Störung des Endometriums durch Atrophie oder Venenerweiterung in Myomnähe (veränderter Blutflusses am Endometrium)
- Endometriale Entzündungsreaktionen
- Sekretion von vasoaktiven Substanzen
Myome und (In-)Fertilität
Im Zusammenhang mit Myomen wird immer wieder das Thema (In-)Fertilität diskutiert, denn tatsächlich können sich vorhandene Myome auf die weibliche Reproduktionsfähigkeit auswirken. Allerdings ist der Einfluss der verschiedenen Myomarten auf die Fertilität sehr unterschiedlich. Römer zufolge seien submuköse Myome am ungünstigsten, gefolgt von intramuralen. Im Gegensatz dazu hätten subseröse Myome keine Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit. Je näher das Myom am Endometrium liege, desto größer sei der negative Einfluss auf die Fertilität. Gründe hierfür seien eine verminderte Perfusion, eine mechanische Veränderung, zum Beispiel durch einen Verschluss der Eileiter, oder einen Raummangel im Uterus, wodurch die Abort-Wahrscheinlichkeit steige.
Einfache Diagnose, schwierige Therapie
Neben einer ausführlichen Anamnese kann der Gynäkologie bei einem Tastbefund zusätzlich eine Vaginalsonografie durchführen, mit deren Hilfe Myome sichtbar werden. Kritik übte Römer daran, dass für die vergleichsweise einfache Diagnose von Myomen zunehmend die Magnetresonanztomografie (MRT) zum Einsatz käme. Er appellierte an seine ärztlichen Kollegen, sich auf das erlernte gynäkologische Handwerk zu besinnen. Denn ein MRT könne keinesfalls das gründliche Abtasten und/oder eine Ultraschalluntersuchung ersetzen. Ein MRT sei nur in seltenen Ausnahmefällen sinnvoll, wenn zum Beispiel keine abschließende Beurteilung per Vaginalsonografie möglich ist. Außerdem wies Römer darauf hin, bei Blutungsstörungen zusätzlich die Hämoglobin- und Ferritin-Konzentrationen zu bestimmen.
Therapie nur bei Symptomen
Eine medikamentöse Behandlung oder ein chirurgischer Eingriff seien aber nur dann gerechtfertigt, wenn Myome auch klinische Symptome verursachen:
Asymptomatische Patientinnen brauchen keine Therapie!“
Indikationen für eine Myomtherapie sind in erster Linie Blutungsstörungen und nachrangig Unterbauchbeschwerden. Die Wahl der Therapie ist abhängig von
- der Lage, Größe und Anzahl der Myome
- der Schwere der Symptome (Blutungsstörungen, Schmerzen etc.)
- der Lebensphase (fertile, peri- oder prämenopausal) der Betroffenen
- den Wünschen der Patientin (Art der Therapie, Organ- und Fertilitätserhalt)
- den individuellen gesundheitlichen Risikofaktoren und Kontraindikationen
Derzeitige therapeutische Möglichkeiten können in drei Gruppen eingeteilt werden:
- Medikamentös: GnRH-Analoga und Kontrazeptiva, Antifibrinolytika wie Tranexamsäure sowie Ulipristalacetat
- Chirurgisch: Hysterektomie (subtotal oder total), Myomektomie
- Radiologisch: Uterusarterienembolisation oder transzervikale Radiofrequenzablation
Es gibt nicht die eine und schon gar nicht die perfekte Myomtherapie!“
- Endometrium: Gebärmutterschleimhaut
- Hyster- bzw. Myomektomie: operative Entfernung der Gebärmutter bzw. von Myomen
- Perimetrium: äußerste Schicht der Gebärmutter nahe dem Bauchfell
- Radiofrequenzablation: Thermische Gewebezerstörung, verursacht durch Hochfrequenzstrom (Hitzenekrosen)
- Uterus: Gebärmutter
- Uterusembolisation: künstlich herbeigeführter Verschluss der Uterusarterien (Infarkt), der zu einer Minderperfusion und damit zum Schrumpfen der Myome führt
Quelle
Fortbildungskongress (FOKO) 2022, Stadthalle Düsseldorf und virtuell, Medikamentöse Behandlung Myom-assoziierter Beschwerden, Dr. med. Thomas Römer, Köln, vom 11. März 2022