Mitarbeiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) haben im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses medizinische Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung von Adipositas bewertet. Ziel ist die Entwicklung eines Disease-Management-Programms Adipositas. Die vorläufigen Ergebnisse der Leitlinien-Recherche liegen nun vor. Interessierte können bis zum 16. Mai 2022 Stellung zum Vorbericht nehmen.
Warum eine strukturierte Behandlung adipöser Erwachsener?
Disease-Management-Programme (DMP) sind strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch Kranke. Bislang gibt es DMP zu Asthma bronchiale, COPD, chronischer Herzinsuffizienz, koronarer Herzkrankheit, chronischem Rückenschmerz, Depressionen, Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2, Brustkrebs, Osteoporose und rheumatoider Arthritis. Sie beruhen auf Erkenntnissen der evidenzbasierten Medizin. Patienten mit chronischen Erkrankungen sollen über ein DMP eine Versorgung erhalten, die das Risiko von Folgeschäden und akuten Verschlechterungen der Krankheit so weit wie möglich verhindert und die Lebensqualität verbessert. Träger der DMP sind die gesetzlichen Krankenkassen, die sie für ihre chronisch kranken Versicherten anbieten.
Adipositas erhöht das Risiko für verschiedene chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Arthrose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Daten des Robert Koch-Instituts zufolge sind in Deutschland etwa 24 % aller Männer und Frauen stark übergewichtig.
Als Grundlage für die Entwicklung eines neuen DMP „Adipositas Erwachsene“ dienten 22 Leitlinien. Zu allen definierten Versorgungsaspekten (Diagnostik, Therapieziele, allgemeine Grundsätze der Therapie, therapeutische Maßnahmen, Kooperation der Versorgungssektoren, Langzeitbetreuung, Schulungen, digitale medizinische Anwendungen, Komorbidität, schwangere Frauen) ließen sich DMP-relevante Inhalte identifizieren. Die deutsche S3-Leitlinie „Adipositas – Prävention und Therapie“ konnte nicht berücksichtigt werden. Sie wird derzeit überarbeitet und die Version von 2014 bilde nicht mehr den aktuellen Versorgungsstandard ab, wie es in einer Pressemitteilung des IQWiG heißt.
Stellungnahmen erwünscht
Bis zum 16.05.2022 können Interessierte nun Stellungnahmen zum IQWiG-Vorbericht abgeben. Der Vorbericht ist abrufbar unter https://www.iqwig.de/projekte/v21-05.html. Offene Fragen sollen anschließend in einer wissenschaftlichen Erörterung geklärt werden. Der Abschlussbericht soll bis Ende August 2022 an den G-BA gehen, der ihn vier Wochen später veröffentlicht.