Komplizierte Blinddarmentzündung in der Schwangerschaft

Bei Schwangeren gilt die Appendektomie als Mittel der Wahl bei unkomplizierter Appendizitis. Bei komplizierter Appendizitis sind die Empfehlungen nicht einheitlich – eventuell sind auch nichtoperative Maßnahmen Erfolg versprechend. Eine US-amerikanische Studie liefert nun Hinweise auf die beste Behandlung für Schwangere mit komplizierter Blinddarmentzündung.

Kompliziert versus unkompliziert

Eine akute Blinddarmentzündung ist die häufigste medizinische Notfallsituation bei Schwangeren, die nicht im Zusammenhang mit der Schwangerschaft steht.

Es können die komplizierte und die unkomplizierte Form unterschieden werden:

  • Unkompliziert: kein Hinweis auf Gangrän (Gewebsnekrose), Phlegmone (diffuse eitrige Entzündung im interstitiellen Raum des Bindegewebes), freie purulente Flüssigkeit oder Abszess.
  • Kompliziert: jede Art gangränöser Appendizitis mit oder ohne Perforation, mit periappendikulärer Phlegmone, freier Flüssigkeit oder perityphlitischem Abszess (abgekapseltem Abszess des Appendix)

Nationale Empfehlungen

In Deutschland gibt es keine Leitlinien zur Behandlung einer akuten Appendizitis – eine Expertengruppe hat daher im letzten Jahr 21 Empfehlungen zur Therapie der akuten Blinddarmentzündung veröffentlicht (PDF). Für Schwangere empfiehlt sie ohne Unterscheidung zwischen komplizierter und unkomplizierter Erkrankung wegen des Fehlgeburtsrisikos eine Appendektomie.

In den US-amerikanischen Guidelines gilt die Appendektomie als Mittel der Wahl bei Schwangeren mit unkomplizierter Appendizitis. Die Operation kann in jedem Trimenon sowohl offen als auch laparoskopisch durchgeführt werden.

Bei komplizierter Appendizitis gibt es keine eindeutigen Empfehlungen, da die Datenlage nicht so eindeutig wie bei der unkomplizierten Erkrankung ist. Bei der Allgemeinbevölkerung haben sich neben der sofortigen Operation auch nichtoperative Maßnahmen wie Drainage und Antibiotikagabe als effektiv erwiesen. Eine US-amerikanische Studie sollte nun klären, welche Therapieform in der Schwangerschaft die besten Ergebnisse erzielt.

Vorteile bei Operation

In die Kohortenstudie wurden 8087 Schwangere mit komplizierter Appendizitis eingeschlossen, die drei Therapiegruppen bildeten:

  • Sofortige Operation
  • Erfolgreiche nichtoperative Behandlung
  • Fehlgeschlagene nichtoperative Behandlung mit nachfolgender Operation

4487 Patientinnen (55,5 %) wurde sofort operiert, 954 Patientinnen (11,8 %) wurden erfolgreich nichtoperativ behandelt und bei 2646 Patientinnen (32,7 %) schlug die nichtoperative Therapie fehl und der Blinddarm musste doch noch operativ entfernt werden.

Bei Frühgeburten, vorzeitigen Wehen, Fehlgeburten und peripartalen Blutungen gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen der sofortigen Operation und der erfolgreichen nichtoperativen Behandlung. Allerdings traten ein vorzeitiger Blasensprung sowie Infektionen (inklusive intraamniotischen Infektionen, Sepsis und Pneumonie) nach nichtoperativer Therapie häufiger auf. Eine fehlgeschlagene nichtoperative Behandlung mit nachfolgender Operation hatte gegenüber der sofortigen Operation überdies auch häufiger Frühgeburten, vorzeitige Wehen, Fehlgeburten und peripartale Blutungen zur Folge. Überdies mussten die Frauen bei nichtoperativer Behandlung länger im Krankenhaus bleiben als bei sofortiger Operation (6 Tage vs. 4 Tage).

Operation als Mittel der Wahl empfehlen

Die Studienautoren resümieren, dass die Studienergebnisse dazu beitragen könnten, die sofortige Operation als Erstlinientherapie bei Schwangeren mit komplizierter Appendizitis in den Leitlinien festzuschreiben. Auch wenn die nichtoperative Behandlung erfolgreich sein kann, sei davon keinerlei Vorteil gegenüber der sofortigen Operation zu erwarten.

Quelle

Ashbrook M, et al. Management of Complicated Appendicitis During Pregnancy in the US. JAMA Network Open. 2022;5(4):e227555. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.7555