Ältere Schmerzpatienten adäquat behandeln

Schmerzen und deren Ursachen zu erkennen und zu behandeln ist bei älteren Menschen oft schwieriger als bei jüngeren. Was zu beachten ist und wie eine gute Schmerztherapie gelingen kann, erläuterte Prof. Dr. Sylvia Kotterba beim Schmerz- und Palliativtag 2022.

Schmerzdiagnostik im Alter schwierig

Etwa dreiviertel der älteren Menschen leiden an chronischen Schmerzen. Oft beklagen alte Menschen diese jedoch nicht direkt, sondern es zeigen sich psychische Veränderungen bei den Patienten (z. B. Unruhe, Aggressivität, Rückzug, Depressivität). Häufig nehmen ältere Patienten Schmerzen auch als normale Alterserscheinung wahr, die nicht berichtenswert ist. Schwierigkeiten gibt es außerdem bei Demenzpatienten: Die Erfassung der Schmerzstärke ist kaum möglich. Am ehesten funktioniert eine Skala mit Gesichtern, zu einer Visuellen-Analog-Skala mit reiner Punkteskalierung sollte man dagegen nicht greifen, so Kotterba.

Schmerzen müssten jedoch unbedingt adäquat behandelt werde, damit Patienten nicht in einen Teufelskreis geraten: Wenn Bewegungen schmerzen, werden diese vermieden. Die fehlende Bewegung kann wiederum zu Fehlhaltungen, mangelnder Regeneration und Isolierung und damit einer Schmerzverstärkung führen. Als Folge sind die Patienten dauerhaft eingeschränkt und belastet – die Lebensqualität sinkt.

Arzneimittel und Operationen zur Therapie

Arzneimittel zur Schmerztherapie sollten im Alter langsam eindosiert werden. Bei einigen Wirkstoffen gelten zudem niedrigere Tageshöchstdosen als bei jüngeren Patienten (z. B. Ibuprofen max. 3-mal 600 mg statt 3-mal 800 mg, Pregabalin maximal 2-mal 150 mg statt 2-mal 300 mg).

Überdies besteht bei Älteren ein erhöhtes Risiko für Delir und Stürze, was durch manche Arzneimittel, Immobilität und andere Faktoren weiter verstärkt wird. Gerade häufig eingesetzte Koanalgetika wie Antidepressiva und Neuroleptika können hier problematisch sein.

Hinweise, welche Arzneimittel für Ältere geeignet bzw. nicht gut geeignet sind, bieten beispielsweise die Priscus- (PDF) und die FORTA-Liste (PDF).

Insbesondere bei Operationen muss immer auch im Vorfeld bedacht werden: Was kann der Patient noch erreichen? Gelenk- und Wirbelsäulen-OPs, die bei manchen jüngeren Patienten vielversprechend sind, müssen für Ältere nicht unbedingt geeignet sein, die stattdessen „mit einer adäquaten Schmerztherapie besser zurechtgekommen wären“, so Kotterba.

Schmerzmittel und Bewegung gehören zusammen

Zu einer guten Schmerztherapie gehört auch immer Mobilisation der Patienten inklusive physikalischer und ergotherapeutischer Maßnahmen.

Wir müssen Patienten früh aus dem Bett bekommen, sonst sind die Schmerzen oft so stark wie vor der OP!

Auch psychologische Betreuung kann hilfreich sein. Kotterba berichtete zudem von guten Erfolgen mit VR(Virtual Reality)-Brillen, deren Nutzung bei Schmerzpatienten die Schmerzstärke vermindern konnte.

Einer der wichtigsten Punkte seien jedoch gemeinsame Therapien: Als Gruppenangebote wegen der Corona-Pandemie eingeschränkt waren, nahmen Schmerzen zu und die Mobilität ab. Denn je mehr Patienten isoliert sind, desto mehr Schmerzen nehmen sie wahr.

Nicht zu unterschätzen ist die Gemeinsamkeit!

Quelle

Prof. Dr. Sylvia Kotterba, Leer: Schmerz und Alter. Schmerz- und Palliativtag 2022, 22. bis 26. März 2022, virtuell.