HIV in Deutschland

2020 ging die Zahl der HIV-Neuinfektionen etwas zurück, möglicherweise aufgrund von Kontaktbeschränkungen durch die Pandemie. Gleichzeitig wurde die Versorgung pandemiebedingt schlechter.

Pandemie vergrößert Versorgungslücken

Die Deutsche STI-Gesellschaft (Gesellschaft zur Förderung der Sexuellen Gesundheit) meldet in einer Presseinformation anlässlich des Welt-AIDS-Tags am 1. Dezember, dass die Pandemie bestehende Versorgungslücken bei der Prävention von HIV und der Versorgung von Menschen mit HIV und AIDS vergrößert hat.

Ähnliches wird in internationalen Nachrichten gemeldet. Die Zahl der HIV-Tests hat abgenommen, weniger Männer wurden beschnitten und die Zahl der Schwangeren, die eine HIV-Therapie erhielten, sank. Neben HIV sind auch Tuberkulose- und Malaria-Erkrankte von einer mangelnden Versorgung aufgrund der Pandemie-Situation betroffen.

Prävention und Aufklärung

Laut STI-Gesellschaft  machen es unter anderem die fehlenden Tests schwierig, Infektionsketten zu durchbrechen. Auch die „95-95-95-Ziele“ werden so schwer bis 2030 zu erreichen sein.

95-95-95-Ziele

  • 95 % der Menschen kennen ihren HIV-Status (Ziel in Deutschland bisher nicht erreicht)
  • 95 % der Menschen mit HIV sind in antiretroviraler Behandlung (Ziel in Deutschland erreicht)
  • bei mindestens 95 % der antiretroviral behandelten Personen liegt die Viruslast unter der Nachweisgrenze (Ziel in Deutschland erreicht)

 

In Deutschland kennen immer noch zu wenig Menschen ihren HIV-Status. Testangebote sollten verstärkt gemacht werden – zum Beispiel auch in der ärztlichen Regelversorgung. Überdies wissen immer noch zu viele Menschen zu wenig über Präventionsmöglichkeiten und die Krankheit selbst. So haben Menschen mit HIV oft aufgrund von Unwissen und Vorurteilen mit Stigmatisierung und Diskriminierung zu kämpfen – auch im Gesundheitsbereich.

So ist beispielsweise vielen nicht klar, dass auch eine effektive Behandlung eine Form der Prävention ist. Denn für HIV gilt: nicht nachweisbar heißt auch nicht übertragbar.

Aktuelle Lage in Deutschland

Ende November hat das Robert Koch-Institut die aktuellen Daten und Statistiken zu HIV in Deutschland für das Jahr 2020 veröffentlicht. Angaben zu Neuinfektionen und der gesamten Zahl an Menschen, die in Deutschland mit HIV leben, können nicht gemessen, sondern nur anhand von Modellrechnungen geschätzt werden.

Ende 2020 lebten in Deutschland geschätzt 91.400 Menschen mit einer HIV-Infektion, von denen gut 10% jedoch noch nicht diagnostiziert  sind. Etwa 800 der Betroffenen sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, bei denen die Infektion perinatal über die Mutter übertragen wurde.

Fast alle Menschen in Deutschland mit einer diagnostizierten Infektion erhielten 2020 eine antiretrovirale Therapie (97%) und bei einem großen Teil davon war die Therapie auch erfolgreich (96% hatten eine Viruslast von unter 200 Viruskopien pro Milliliter Blut).

Neuinfektionen

Die Zahl der Neuinfektionen entwickelte sich gegenüber dem Vorjahr in verschiedenen Gruppen unterschiedlich (Schätzungen):

  • Die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland bzw. bei Menschen deutscher Herkunft, die sich im Ausland mit HIV infiziert haben, ging von 2300 auf 2000 zurück.
  • Bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), sank die Zahl von etwa 1400 auf 1100.
  • Mehr Menschen steckten sich dagegen beim Gebrauch intravenöser Drogen an (370).
  • Mehr Ansteckungen erfolgten über heterosexuellen Weg (530), wobei die Zahl bei Frauen seit 30 Jahren etwa bei 300 pro Jahr liegt und nur bei heterosexuellen Männern ein Anstieg zu verzeichnen war.

35 % der Neuinfektionen wurden 2020 mit einem fortgeschrittenen Immundefekt und 18 % mit dem Vollbild AIDS diagnostiziert.

Einfluss der Pandemie auf Neuinfektionen

Der Rückgang der Neuinfektionen im Jahr 2020 ist zum einen wahrscheinlich auf die Kontaktbeschränkungen aufgrund der Pandemie zurückzuführen. Zum anderen sind aber wahrscheinlich auch Diagnosen nur nicht gestellt worden, da vermindert Tests durchgeführt wurden.

Ebenfalls ein Faktor könnte der vermehrte Einsatz der medikamentösen Präexpositionsprophylaxe (PrEP) sein. Deren genauer Einfluss lässt sich aber im Kontext der pandemiebedingt reduzierten Kontakte nicht verlässlich schätzen.

Handlungsempfehlungen des RKI

Für die Zukunft gilt es, HIV-Neuinfektionen zu reduzieren, die Anzahl der nicht-diagnostizierten Infektionen zu senken und allen Menschen mit HIV-Infektion eine Therapie zu ermöglichen.

Bausteine sind unter anderem flächendeckende Testangebote, PrEP und ein früher Behandlungsbeginn (erfolgreich behandelt = nicht infektiös).

Quellen

Presseinformation der Deutschen STI-Gesellschaft e. V. Versorgungslücken in Pandemiezeiten schließen, Diskriminierung abbauen. 24.11.2021

Robert Koch-Institut. HIV in Deutschland 2020. Epidemiologisches Bulletin 47/2021.