Hilft Golimumab auch bei Typ-1-Diabetes?

Der TNFα-Blocker Golimumab zeigte in einer Studie einen positiven Einfluss auf die körpereigene Insulinproduktion bei Kindern und jungen Erwachsenen mit neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes.

Verzögerung von Typ-1-Diabetes

Etwa 13 Millionen Menschen leben mit Typ-1-Diabetes. Da die Erkrankung durch den Untergang der insulinproduzierenden Zellen in den Langerhans-Inseln des Pankreas (Betazellen) verursacht wird, wäre eine Therapie, die diesen Prozess verhindern oder zumindest aufhalten kann, wünschenswert.

Einige immunmodulierende Substanzen haben in Studien gezeigt, dass sie die Diagnose der Erkrankung verzögern können. Zugelassen ist jedoch in dieser Indikation bisher kein Arzneimittel. Die meisten dieser Stoffe wurden an Patienten im Stadium 3 getestet, einige aber auch bei Vorstufen.

  • Stadium 1 (Prädiabetes-Phase, Blutzuckerwerte im Normbereich)
  • Stadium 2 (Störung des Glucosestoffwechsels bzw. Glukoseintoleranz)
  • Stadium 3 (Typ-1-Diabetes mit notwendiger Insulinsubstitution)

Problem TNFα

Golimumab, ein Hemmer des Tumor-Nekrose-Faktors alpha (TNFα), wird bereits in zahlreichen Indikationen angewendet. Dazu zählen rheumatoide, juvenile idiopathische und Psoriasis-Arthritis, axiale Spondyloarthritis und Colitis ulcerosa. Auch Patienten mit neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes haben in der Regel erhöhte TNFα-Spiegel. Zudem ist TNFα direkt toxisch für Betazellen. Nach entsprechenden Hinweisen aus Tierversuchen wurde nun in einer Phase-II-Studie getestet, ob Golimumab zum Erhalt von Betazellen und deren Funktion beitragen kann

Weniger Insulinsubstitution nötig

84 Kinder und junge Erwachsene (6–21 Jahre) wurden eingeschlossen, von denen 56 Golimumab und 28 Placebo erhielten. Primärer Endpunkt war die körpereigene Insulinproduktion, weitere Parameter waren die Insulinzufuhr, der HbA1c sowie Hypoglykämien (jeweils nach 52 Wochen).

Insgesamt war nach 52 Wochen die glykämische Kontrolle in beiden Gruppen gut und unterschied sich nicht signifikant (ähnliche HbA1c-Werte). Allerdings konnte die Golimumab-Gruppe dies mit weniger Insulinzufuhr und mehr körpereigenem Insulin erreichen, da die endogene Insulinproduktion in dieser Gruppe signifikant höher war. Auch in den zugeführten Insulindosen schlug sich dies nieder:

Bei Studieneinschluss unterschieden sich die benötigten Insulin-Dosen in den Gruppen nicht (0,42 vs. 0,44 I.U. pro Kilogramm und Tag). Nach 52 Wochen benötigten die Patienten der Golimumab-Gruppe weniger Insulin als die Teilnehmer unter Placebo (0.51 vs. 0.69 I.U. pro Kilogramm und Tag). Auch der Anstieg der Dosis war niedriger (0,07 vs. 0,24 I.U. pro Kilogramm und Tag, p=0,001).

Die Autoren resümieren daher, dass Golimumab bei Kindern und jungen Erwachsenen mit neu diagnostiziertem Typ-1-Diabetes zu einer verbesserten endogenen Insulinproduktion führt und so weniger Insulin extern zugeführt werden muss.

Quelle

Quattrin T, et al. Golimumab and Beta-Cell Function in Youth with New-Onset Type 1 Diabetes. N Engl J Med 2020;383:2007-17. DOI: 10.1056/NEJMoa2006136.