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Frauengesundheit in Deutschland: Ein ganzes Stück weitergekommen

Insgesamt steht es gut um die Frauengesundheit in Deutschland. Das geht aus dem ersten Frauengesundheitsbericht des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) und des Robert Koch-Instituts (RKI) hervor. Etwa ein Fünftel der heute geborenen Mädchen könnte ihren 100. Geburtstag feiern.

… aber noch viele Herausforderungen

In Deutschland leben mehr als 35 Millionen erwachsene Frauen. Der Gesundheitsbericht von RKI und BMG informiert umfassend zum Gesundheitszustand, zum Gesundheitsverhalten und zur Gesundheitsversorgung von Frauen in Deutschland. Er wurde Anfang Dezember 2020 veröffentlicht.

Dem Bericht zufolge bewerten zwei Drittel der Frauen in Deutschland ihre Gesundheit als gut oder sehr gut. Mit höherem Alter schätzen sie ihre Gesundheit allerdings schlechter ein: Nur knapp die Hälfte der Frauen ab 65 Jahren nimmt die eigene Gesundheit als gut oder sehr gut wahr.

Frauen leben derzeit im Mittel 83,3 Jahre und damit 4,8 Jahre länger als Männer, die Geschlechter-unterschiede werden jedoch geringer. Die häufigsten Todesursachen bei Frauen sind ischämische Herzkrankheiten, Demenz sowie zerebrovaskuläre Krankheiten. Da Frauen im Durchschnitt länger leben, haben sie ein höheres Risiko, im Alter pflegebedürftig zu werden.

Frauen bilden die Mehrheit der Beschäftigten in Gesundheitsberufen, aber nur ein geringer Teil ist in Leitungspositionen vertreten.

Todesursache Nr. 1: ischämische Herzkrankheiten

Die häufigste Todesursache bei Frauen sind mit 40% Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Trotzdem gelten Herz-Kreislauf-Erkrankungen weiterhin als eher „männliche“ Erkrankungen – Frauen unterschätzen häufig ihr Erkrankungsrisiko, heißt es im Gesundheitsbericht. Sterblichkeit und Neuerkrankungen an koronarer Herzkrankheit sind aufgrund verbesserter Therapien und eines gesundheitsbewussteren Verhaltens zurückgegangen – bei Frauen und Männern.

Zweithäufigste Todesursache für Frauen sind Krebserkrankungen. Insgesamt haben die Neuerkrankungsraten und Sterblichkeit abgenommen – außer bei Lungenkrebs: Hier gibt es bei Frauen einen Anstieg, der auf die Zunahme des Rauchens in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zurückzuführen ist. Mit jährlich rund 69.000 Neuerkrankungen bleibt Brustkrebs die häufigste Krebserkrankung bei Frauen; die Überlebenschancen haben sich in den letzten 25 Jahren allerdings erheblich verbessert.

Häufiger Depression, seltener Diabetes

Diabetes hat aufgrund seiner weiten und ansteigenden Verbreitung ebenfalls eine große Bedeutung für die Frauengesundheit. Bei 7% der Frauen und fast 9% der Männer lag in den letzten zwölf Monaten vor der Erhebung ein bekannter Diabetes mellitus (ohne Schwangerschaftsdiabetes) vor. Zwar haben Frauen seltener einen unerkannten Diabetes und sind weniger häufig von Diabetes-Spätfolgen betroffen, bei Frauen erhöht sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Vorliegen eines Diabetes allerdings stärker als bei Männern.

Zu den Erkrankungen, von denen Frauen häufiger als Männer betroffen sind, gehören Muskel- und Skelett-Erkrankungen – vor allem Arthrose, Osteoporose und rheumatoide Arthritis – sowie eine Reihe psychischer Erkrankungen wie Depression, Angststörungen und Essstörungen. So sind Suizidversuche bei Frauen häufiger als bei Männern, die Anzahl der vollzogenen Suizide ist jedoch geringer. Das könnte u.a. damit zusammenhängen, dass Männer eher gewalttätigere Suizidmethoden wählen.

Endometriose, Myome der Gebärmutter, Gebärmuttersenkung: Gutartige gynäkologische Erkrankungen haben einen großen Einfluss auf die Lebensqualität und das Körpererleben von Frauen. Trotz der Häufigkeit gibt es nur wenige belastbare Daten zu Prävalenz, Einflussfaktoren und Versorgung. Zu den speziell für Frauen relevanten Infektionskrankheiten gehören Infektionen mit Humanen Papillomviren, Chlamydien und Toxoplasma.

Es gibt außerdem Hinweise auf mögliche Geschlechterunterschiede bei SARS-CoV-2-Infektionen und der Mortalität an COVID-19. In Ländern, in denen nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten vorliegen, zeigt sich, dass Männer häufiger an einer COVID-19-Erkrankung sterben und schwerere Symptome entwickeln. Ausmaß und Ursachen der Unterschiede müssen jedoch detaillierter untersucht werden, heißt es im Bericht.

Rauchen, Alkohol, Bewegung: Gesundheitsverhalten durchwachsen

Das Gesundheitsverhalten unterscheidet sich je nach Alter, Bildung, Erwerbsstatus und Familienform der Frauen.

Frauen rauchen im Vergleich zu Männern seltener und seltener stark (20 oder mehr Zigaretten am Tag). Sie trinken im Mittel weniger Alkohol und sind seltener von alkoholbezogenen Störungen wie Missbrauch und Abhängigkeit betroffen. Etwa 14 % der Frauen konsumieren Alkohol in riskanten Mengen. Im Unterschied zu den Männern ist der Anteil der Frauen, die in riskanten Mengen Alkohol trinken und Rauschtrinken praktizieren, zwischen 1995 und 2015 nicht gesunken.

Im Vergleich zu Männern greifen Frauen häufiger zu gesunden Lebensmitteln wie Obst und Gemüse sowie Wasser als Getränk. Allerdings legen Frauen seltener alltägliche Wege (z.B. zur Arbeit) mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurück. Auch in der Freizeit sind Frauen seltener sportlich aktiv als Männer. Im Durchschnitt fahren Frauen 81 Minuten pro Woche mit dem Fahrrad oder gehen zu Fuß, um alltägliche Wege zu erledigen. Fast 60 % der Frauen sind in der Freizeit mindestens 150 Minuten pro Woche sportlich aktiv. Angebote der betrieblichen Gesundheitsförderung zur Rückengesundheit, zur Ernährung und zur Stressbewältigung/Entspannung nutzen Frauen häufiger als Männer.

Keine geschlechterspezifischen Unterschiede fanden sich in Bezug auf arbeitsbezogene körperliche Aktivitäten wie Heben und Tragen in der Krankenpflege oder auch Haus- und Gartenarbeit. Rund die Hälfte der Frauen im erwerbsfähigen Alter geht einer vorwiegend sitzenden oder stehenden Arbeit nach.

Lebensstilfaktoren wie das Ernährungs- und Bewegungsverhalten beeinflussen das Körpergewicht. Aus Public-Health-Sicht zählt Adipositas zu den wichtigsten Gesundheitsproblemen von Frauen. Insgesamt sind Frauen zwar seltener übergewichtig (inkl. Adipositas) als Männer (53% vs. 67%), doch mit jeweils rund 23% sind Männer und Frauen gleich häufig stark übergewichtig (adipös, Body-Mass-Index >30).

Von Untergewicht sind vor allem jüngere Frauen betroffen. Problemtisch ist hier ein falsches Schönheitsideal: Unter untergewichtigen Frauen hält sich ein Viertel für „genau richtig“, unter normalgewichtigen Frauen hält sich mehr als ein Drittel für „zu dick“.

Körperliche Gewalt zu häufig

35% der Frauen in Deutschland ist seit dem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt widerfahren – überwiegend von Partnern oder Ex-Partnern. Gewaltbetroffenheit bei Frauen ist unabhängig vom sozioökonomischen Status. Stärker gefährdet sind z.B. Frauen in Trennungssituationen und Frauen mit Behinderungen: Frauen und Mädchen mit Behinderungen erleben zwei- bis dreimal so oft sexuelle Übergriffe wie Frauen und Mädchen ohne Behinderungen.

Etwa die Hälfte der gewaltbetroffenen Frauen erleidet in Folge körperlicher oder sexueller Gewalt Verletzungen in unterschiedlichem Ausmaß. Zu körperlichen und psychosomatischen Folgen von Gewalt gegen Frauen zählen beispielsweise chronische Schmerzen, Atemwegserkrankungen und gynäkologische Beschwerden. Zu psychischen Folgen zählen insbesondere die Ausbildung einer Depression, einer Posttraumatischen Belastungsstörung, Essstörung, Angststörung, aber auch Angstsymptome, Stresssymptome und Suizidalität.

Soziale Benachteiligung muss ausgeglichen werden

Sozial benachteiligte Frauen sind von einer Vielzahl chronischer, zum Teil schwerwiegender Krankheiten häufiger betroffen. Sie haben im Durchschnitt eine geringere Lebenserwartung als sozial bessergestellte Frauen. Hier gilt es, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die soziale Lage benachteiligter Frauen zu verbessern und ihre Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe zu stärken – insbesondere durch Bildung, zielgerichtete Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung.

Quelle

Der vom Bundesgesundheitsministerium geförderte Bericht „Gesundheitliche Lage der Frauen in Deutschland“ ist auf den Seiten des RKI veröffentlicht: www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsB/Gesundheitliche_Lage_der_Frauen_2020.pdf