Unverblindetes Placebo wirksam

„Bitte nehmen Sie 3-mal täglich zwei Placebo-Kapseln.“ So könnte in Zukunft eine Therapieempfehlung an Ihre Patienten lauten.

Es ist mittlerweile unumstritten, dass Placebos einen sehr starken positiven Effekt oder auch negative Auswirkungen (Nocebo) haben können. Daher fordern die Zulassungsbehörden in der Regel eine doppelte Verblindung. Selbst, wenn nur der Arzt weiß, was er anwendet, kann sich dieser Effekt bereits auswirken. Einer aktuellen Studie zufolge ist der Placebo-Effekt auch dann noch vorhanden, wenn dem Patienten bewusst ist, dass er ein Placebo einnimmt.

Studie

In der 3-wöchigen Studie behandelten die Ärzte Patienten mit chronischen Rückenschmerzen. Patienten wurden in zwei Gruppen randomisiert:

  • Standardtherapie (n = 59)
  • Standardtherapie plus unverblindetes Placebo (n = 63)

Der primäre Endpunkt der Studie war die Änderung der Schmerzintensität. Sie betrug bei Einschluss in die Studie 5,25 auf einer Skala von 0 bis 10 in der Standardtherapie-Gruppe und 5,50 in der Gruppe mit Standardtherapie plus Placebo.

Die Schmerzreduktion in der Placebo-Gruppe betrug 0,62 Punkte im Vergleich zu einer Zunahme von 0,11 Punkten in der Standardtherapie-Gruppe.

Auch andere Endpunkte besserten sich:

  • vom Patienten wahrgenommene Behinderung
  • Depressionswerte

Das Placebo hatte jedoch keinen Einfluss auf:

  • die Beweglichkeit der Wirbelsäule
  • Angstparameter
  • Stress

Kommentar

Bisher ging man davon aus, dass der Placebo-Effekt mit der Erwartungshaltung des Patienten zusammenhängt. Aber warum bleibt dann der Effekt erhalten, wenn er darüber aufgeklärt wird? Vielleicht ist es der Zweifel des Patienten: Es könnte ja doch ein Wirkstoff enthalten sein…

Weitere Fragen, die wir uns aufgrund dieser Studie stellen müssen:

  • Wie können wir diesen Effekt nutzen?
  • Und dürfen wir das?

Eine Placebo-Behandlung außerhalb von Studien war bisher ethisch sehr schwer vertretbar. Was aber, wenn man den Patienten darüber informiert? Sicher sollten die Ergebnisse dieser Studie noch in größerem Umfang bestätigt werden. Und nach wie vor wäre es unethisch, einem Patienten eine andere Therapie vorzuenthalten. Selbst wenn ihm bekannt ist, dass er Placebos erhält.

Quelle

Die Informationen wurden einem Referat von Prof. Diener für die Arzneimitteltherapie entnommen.