Neues Anwendungsgebiet für Irbesartan?

Irbesartan könnte eine Behandlungsoption für Patienten mit Marfan-Syndrom sein, die häufig von kardiologischen Komplikationen betroffen sind. Momentan stehen die allgemeinen Zulassungen entsprechender Präparate aber auf wackeligen Beinen.

Lange Beine, schwaches Herz

Das Marfan-Syndrom ist eine Bindegewebserkrankung genetischen Ursprungs (Mutation im Fibrillin-Gen). Es wird in der Regel autosomal-dominant vererbt, kann aber auch bei bis zu 30% der Fälle durch eine Spontanmutation bedingt sein. Betroffen sind in Deutschland etwa 8000 bis 16.000 Menschen.

Unterschiedlich stark ausgeprägte sichtbare Symptome der Bindegewebsschwäche können sein (Beispiele):

  • Überstreckbare Gelenke
  • Trichter- oder Kielbrust
  • Veränderungen der Wirbelsäule
  • Überlange Gliedmaßen bei ansonsten schmalem Körperbau

Nicht äußerlich sichtbar sind dagegen (Beispiele):

  • Kurzsichtigkeit und Netzhautablösung
  • Herzklappenfehler
  • Gefäßveränderungen und Aortenaneurysmen

Als Folge können unter anderem Sehstörungen bis zu Erblindung, Risse der Aortenaneurysmen, ein Pneumothorax oder Herzkrankheiten auftreten.

Keine kurative Therapie

Bisher ist keine Heilung des Marfan-Syndroms möglich, behandelt werden also die einzelnen Symptome. Dies muss interdisziplinär erfolgen, da verschiedene Organsysteme betroffen sind. Eine besondere Bedeutung kommt der kardiologischen Behandlung zu, da hier häufig lebensbedrohliche Komplikationen auftreten.

In einer Studie wurde kürzlich an Erwachsenen und Kindern mit Marfan-Syndrom untersucht, ob der AT1-Blocker Irbesartan die Erweiterung der Aorta reduzieren kann. Die knapp 200 Patienten erhielten 150 bis 300 mg Irbesartan oder Placebo.

In der Verum-Gruppe erweiterte sich im Beobachtungszeitraum von fünf Jahren die Schlagader deutlich weniger als in der Placebo-Gruppe (Zunahme des Durchmessers: 0,53 mm vs. 0,74 mm; p-Wert: 0,03). Dieser positive Einfluss auf die Erweiterung der Aorta könnte möglicherweise zum Teil auf die Blutdrucksenkung zurückzuführen sein. Allerdings zeigten Losartan oder auch die häufig eingesetzten Betablocker diesen Effekt nicht, so die Studienautoren. Nicht bestätigt werden konnte die anfängliche Vermutung, dass jüngere Patienten mehr profitierten. Die Autoren resümieren, dass die Daten den Einsatz von Irbesartan nahelegen.

Problem Verunreinigungen

In letzter Zeit haben die Sartane nicht wegen ihres therapeutischen Potenzials für Aufsehen gesorgt, sondern in erster Linie wegen nitrosaminhaltiger Verunreinigungen. Wer Irbesartan zukünftig einsetzen will, muss nun hoffen, dass die Hersteller sich an die Vorgaben halten und risikominimierende Maßnahmen umsetzten. Das BfArM  hat angekündigt, diese Zulassungen sonst bis zur vollständigen Umsetzung ruhen zu lassen.