Kann man dem Tod davonlaufen?

Zahlreiche Märchen und Geschichten lehren uns: Dem Tod kann am Ende keiner entkommen. Aber holt uns der Sensenmann vielleicht etwas später ein, wenn wir mehr laufen? Oder schneller?

In einer Studie aus JAMA Internal Medicine wurde der Zusammenhang zwischen Schrittmenge sowie -intensität und der Gesamtsterblichkeit untersucht.

Die Autoren rekrutierten 18.289 Frauen, die ursprünglich an der Women’s Health Study teilgenommen hatten. In diesem Kollektiv hatte man die präventive Wirkung von Acetylsalicylsäure und Vitamin E auf die Entstehung von Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersucht. Von 2012 bis 2015 trugen Frauen für die Untersuchung über sieben Tage einen Schrittzähler. Die Daten von 16.741 Personen flossen in die Auswertung ein. Im Schnitt waren die Frauen etwa 70 Jahre alt.

Mehr Schritte sind mit weniger Todesfällen verbunden

Für die Auswertung teilten die Autoren die Frauen in vier Quartile zu je 4185 Personen ein.

Mediane Schrittzahl

  • 1. Quartil: 2718
  • 2. Quartil: 4363
  • 3. Quartil: 5905
  • 4. Quartil: 8442

Gesamtsterblichkeit (Hazard-Ratio [HR])

  • 1. Quartil: Referenz
  • 2. Quartil: 0,59
  • 3. Quartil: 0,54
  • 4. Quartil: 0,42

Die hier gezeigten Risiken wurden zwischen den Gruppen statistisch angepasst nach Alter, Ernährungsgewohnheiten, Raucherstatus und kardiovaskulärem sowie Krebsrisiko. Ohne diese Anpassung fällt der Effekt etwas größer aus.

Frauen, die häufiger eine hohe Schrittfrequenz an den Tag legten, hatten ebenfalls ein niedrigeres Risiko zu versterben. Allerdings machten diese Frauen auch insgesamt mehr Schritte pro Tag.

Kranke bewegen sich weniger als Gesunde

Eine moderat erhöhte Schrittzahl pro Tag erniedrigt die Sterblichkeit. Bereits 2000 Schritte (etwa 1000 bis 1500 Meter) am Tag mehr können laut der Studie die Sterblichkeit um bis zu 40 % senken. Würde man das als Medikament verkaufen, hätte man einen Blockbuster. Die Intensität der Bewegung scheint eine untergeordnete Rolle zu spielen. Wichtiger ist die Gesamtmenge. Der Effekt flacht mit zunehmender Schrittmenge ab. Mehr als 7500 Schritte pro Tag scheinen keinen zusätzlichen Effekt zu haben.

Die Studie hat mehrere Limitationen.

  • Es handelt sich um ein rein weibliches, älteres Kollektiv. Schrittgeschwindigkeiten über 100 pro Minute erreichten die Frauen sehr selten. Die Aussagekraft für andere Kollektive und über intensives Training ist nicht gegeben.
  • Kranke Menschen bewegen sich natürlich weniger als Gesunde. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass sie krank sind, weil sie sich weniger bewegt haben als andere. Hier sind Ursache und Wirkung nur schwer zu trennen. In der Studie wurden die Ergebnisse zwar über mehrere Variabeln ausgeglichen, aber man kann beide Effekte nicht völlig trennen. Dazu müsste man ein anderes Studiendesign wählen.

Bereits ein aktiver Lebensstil hilft

Die Ergebnisse der Studie sind eigentlich nicht überraschend und im Einklang mit den gängigen Empfehlungen: In einer älteren Population ist verstärkte Bewegung oder ein mildes Ausdauertraining sehr effektiv und wahrscheinlich sinnvoller als ein Intervalltraining. Mit diesen Daten lässt sich vielleicht der eine oder andere Sportmuffel motivieren: Bereits mit einem aktiven Lebensstil ist man dem Tod einen Schritt voraus.