Böser Zucker, guter Süßstoff?

Deutsche Fachgesellschaften empfehlen, den Zuckerkonsum zu reduzieren. Viele Menschen greifen stattdessen zu Produkten mit Süßstoff. Eine neue Metaanalyse stellt jedoch infrage, dass Aspartam und Co die bessere Alternative sind.

Konsens gegen Zucker

Die Deutschen essen zu viel Zucker – zumindest mehr, als verschiedene Fachgesellschaften empfehlen. Und das „steht u.a. im Zusammenhang mit Übergewicht bzw. Adipositas, erhöhten Risiken für zahlreiche mit Übergewicht assoziierte Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 und kardiovaskuläre Erkrankungen sowie der Entstehung von Zahnkaries“, so ein Ende 2018 herausgegebenes Konsensuspapier (PDF) der Deutschen Adipositas-Gesellschaft e.V. (DAG), der Deutschen Diabetes Gesellschaft e.V. (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE). Die WHO empfiehlt eine maximale Zufuhr freier Zucker von weniger als 10 % der Gesamtenergiezufuhr.

Viele Menschen treten dem entgegen, indem sie zu süßstoffhaltigen Produkten statt zur zuckrigen Variante greifen, weil sie auf den süßen Geschmack nicht verzichten können oder wollen. Bringt das denn wirklich etwas?

Süßstoff nicht gesünder

In einer Metaanalyse wurden die Daten aus 56 Studien zusammengetragen und verschiedene gesundheitsbezogene Outcomes untersucht: u.a. Körpergewicht bzw. BMI, kardiovaskuläre Erkrankungen, Essverhalten, Diabetes, Stimmung, Neurokognition, Krebs und Nierenkrankheiten. Einbezogen waren übergewichtige und nicht übergewichtige Personen.

Insgesamt sind die Daten inhomogen und wenig belastbar. Einige Studien deuten auf einen geringfügigen Vorteil von Süßstoffkonsum auf das Körpergewicht an. Allerdings halfen sie nicht bei der Gewichtsabnahme, wenn die Probanden diese gezielt anstrebten. Außerdem war eine Gewichtszunahme in einer Studie wiederum bei hoher Süßstoffzufuhr größer als bei niedriger Süßstoffzufuhr.

Für alle anderen Outcomes gab es keine Unterschiede zwischen Süßstoffkonsumenten und -nichtkonsumenten.

Alles in allem waren die Daten aus den Studien zu ungenau: Nur einzelne Süßstoffe wurden untersucht, obwohl viele Produkte Kombinationen enthalten. Die Studien belegten zwar keinen Nutzen von Süßstoffen, aber auch keinen Schaden (aber eben auch nicht, dass Süßstoffe nicht schädlich sind). Die Qualität der eingeschlossenen Studien war eher schlecht.

Das Fazit der Autoren ist ziemlich ernüchternd (leider ein häufig zu lesender Schlusssatz in Publikationen): Weitere Daten werden benötigt.

Brokkoli statt Schokolade

Bis dahin heißt es wohl weiterhin, Süßigkeiten und Limonaden gegen Wasser und Gemüse einzutauschen. Finden Sie unschön? Dann hier die gute Nachricht: „Gesundes Essen zu mögen, kann man trainieren“.

Laut dem Forscher Per Møller ist es zwar so, dass wir von Natur aus eher zu hochkalorischen, süßen Lebensmitten greifen – schließlich gab es Zeiten, in denen das Nahrungsangebot knapp war und man daher vorsorgen musste. Zudem schmecken viele essbare Beeren und Früchte süß, giftige dagegen sind bitter oder streng im Geschmack. Man kann sich aber mittels der sogenannten Pawlowschen Konditionierung selbst überlisten, gesundes Essen zu mögen: Man solle einfach, so Møller, zu dem ungeliebten etwas dazu essen, was man gerne mag. Das aktiviert das Belohnungszentrum. Nach einer Weile reagiert das Belohnungszentrum auch dann, wenn man das neue Lebensmittel ohne Unterstützung vom Lieblingsessen zu sich nimmt. Møller sagt außerdem, dass man etwas nur oft genug essen muss – dann verschwindet die Abneigung irgendwann ganz von selbst (funktioniert fast immer, allerdings nicht bei genetisch verursachten Abneigungen, z.B. Koriander).

Und wenn Sie gerade schwanger sind, können Sie Ihren Nachwuchs gleich einbeziehen, denn mit dem, was die Mutter während der Schwangerschaft isst, kann sie das Kind auf bestimmte Geschmäcker konditionieren. Daher sollte während der Schwangerschaft möglichst abwechslungsreich gegessen werden.