TDM-Empfehlungen für Amitriptylin, Clozapin, Phenytoin & Co.

Therapeutisches Drug-Monitoring (TDM) dient dazu, eine Arzneimitteltherapie anhand von Plasmaspiegelmessungen zu optimieren. Wann ist bei der Therapie mit Neuropsychopharmaka ein TDM angezeigt und in welchen Fällen ist eine zusätzliche Genotypisierung sinnvoll? Eine Konsensus-Leitlinie gibt Antworten.

TDM-Empfehlungsgrade für mehr als 150 Arzneimittel

Die TDM-Gruppe der Arbeitsgemeinschaft für Neuropsychopharmakologie und Pharmakopsychiatrie (AGNP) hatte bereits 2004 und 2011 entsprechende Leitlinien veröffentlicht. Das aktuelle Update erschien Ende 2017 zunächst auf Englisch und ist nun in einer leicht gekürzten Version in der Psychopharmakotherapie auch auf Deutsch verfügbar.

Die Leitlinie erfasst über 150 Substanzen aus den Indikationsgruppen Antidepressiva, Antipsychotika, Stimmungsstabilisierer, Antikonvulsiva, Anxiolytika/Hypnotika, Antidementiva, Arzneistoffe zur Behandlung substanzbezogener Störungen, Arzneistoffe zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung und Antiparkinsonika. Für alle Arzneistoffe nennt die Leitlinie einen Empfehlungsgrad für ein TDM, differenziert nach

  • „dringend empfohlen“ (Level 1),
  • „empfohlen“ (Level 2),
  • „nützlich“ (Level 3) oder
  • „potenziell nützlich“ (Level 4).

Obligatorisches TDM bei Lithium oder Carbamazepin

Obligatorisch ist ein TDM demnach aus Gründen der Arzneimittelsicherheit zum Beispiel bei Lithium oder Carbamazepin. Obligatorisch ist es aber auch, um bei Arzneistoffen mit einem hohen TDM-Empfehlungsgrad die Dosis zu optimieren, wenn die Behandlung begonnen oder die Dosis neu eingestellt wird. Das betrifft zum Beispiel trizyklische Antidepressiva, Citalopram, Amisulprid, Clozapin, Haloperidol, Olanzapin, Thioridazin, Phenytoin oder Phenobarbital. Insgesamt überwiegen allerdings die Empfehlungsgrade 3 und 4, bei denen ein TDM nur in speziellen Situationen für sinnvoll gehalten wird. Die Leitlinie nennt eine ganze Reihe solcher spezifischer Indikationen für TDM.

„Warnschwellen“ für das Labor

Das Tabellenwerk listet die therapeutischen Referenzbereiche auf, die für die Mehrzahl der Patienten gelten, und nennt „Warnschwellen“ für das Labor, also Plasmaspiegel, die das analysierende Labor verpflichten, unmittelbar den behandelnden Arzt informieren. Zu hohe Plasmaspiegel können zum Beispiel Folge einer Komedikation sein, die den enzymatischen Abbau des Arzneistoffs hemmt, zu niedrige Plasmaspiegel Folge einer enzyminduzierenden Komedikation oder zu geringer Adhärenz.

Algorithmen erleichtern Dosisanpassung

Eine weitere wichtige Kenngröße sind die aufgelisteten dosisbezogenen Referenzbereiche. Sie geben an, welche Arzneistoffkonzentration im Blut bei einer bestimmten, regelmäßig verabreichten Dosis erwartet werden kann. Abweichungen nach oben oder unten können unter anderem durch mangelnde oder exzessive Aktivität polymorpher abbauender Enzyme bedingt sein (Poor Metabolizer bzw. Ultrarapid Metabolizer). Die Konsensus-Leitlinie beschreibt in einem Algorithmus, in welchen Konstellationen es empfehlenswert ist, nach einem solchen Polymorphismus mit pharmakogenetischen Tests (Genotypisierung) oder mithilfe von Testsubstraten zu fahnden. Liegt zum Beispiel ein Poor-Metabolizer-Status für das relevante abbauende Enzym vor, dann bedeutet das nicht zwangsläufig, dass die Therapie mit dem aktuell gegebenen Neuropsychopharmakon abgebrochen werden muss; das TDM bietet in diesem Fall aber eine rationale Basis für eine Dosisanpassung. Die Leitlinienautoren halten in diesem Zusammenhang fest, dass „ein optimales TDM eine interdisziplinäre, enge Kommunikation zwischen Labor und klinischen Experten erfordert“.

Fazit

Die Konsensus-Leitlinie dürfte für Verordner von Neuropsychopharmaka und für klinisch-chemische Labors, aber zum Beispiel auch für klinische Pharmazeuten eine wichtige Handreichung darstellen.