Zusatznutzen bei Zulassungserweiterungen seltener

Zusätzlichen Indikationen bei Arzneimitteln wird seltener ein therapeutischer Zusatznutzen ausgesprochen im Vergleich zur ersten Indikation.

Therapeutischer Zusatznutzen

Bei der Arzneimittelzulassung durch die Food and Drug Administration (FDA) oder EU-Kommission müssen keine Daten zur Wirksamkeit eines Arzneimittels im Vergleich zu einer Standardtherapie für die gleiche Indikation erhoben werden. Deshalb wird in Ländern wie Frankreich oder Deutschland zum Beispiel der Zusatznutzen durch ein Health Technology Assessment (HTA) beurteilt. Diese Bewertungen fließen dann in Deutschland zum Beispiel in den Bericht des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ein und spielen auch eine Rolle bei der Preisfindung.

Zusatznutzen bei der ersten Indikation …

Ungefähr ein Drittel aller Arzneimittelzulassungen durch die FDA oder EU-Kommission hatte für die ursprüngliche Zulassung einen hohen therapeutischen Zusatznutzen im HTA-Bericht.

… im Vergleich zu weiteren Indikationen

In einer retrospektiven Kohortenstudie wurde nun analysiert, welchen Zusatznutzen in den USA und Europa zugelassene Medikamente bei der ersten im Vergleich zu weiteren Indikationen haben.

Ausgewertet wurden Arzneimittel-Zulassungen durch die FDA und EU-Kommission zwischen 2011 und 2020. Darunter befanden sich 107 erste und 179 ergänzende Indikationen, die durch die FDA zugelassen wurden und 87 bzw. 184 Indikationen, die durch die EU-Kommission zugelassen wurden.

So hatten zum Beispiel 48% der zugelassenen Arzneimittel in Europa eine zusätzliche Indikation, 23% zwei weitere Indikationen, 13% drei zusätzliche Indikationen und 17% vier.

Mehr als die Hälfte der Indikationen betraf die Behandlung onkologischer Erkrankungen.

Bei den Arzneimitteln, die durch die FDA zugelassen waren, hatten 41% einen hohen Zusatznutzen bei der ersten Indikation und 34% bei weiteren Indikationen. In Europa waren es 47% bei der ursprünglichen und 36% bei weiteren Indikationen.

Wurden nur die ersten drei zugelassenen Indikationen betrachtet, war die Wahrscheinlichkeit für die Bewertung der zweiten Indikation mit einem hohen Zusatznutzen um 36% (FDA) bzw. 37% (EU) reduziert. Bei der dritten Indikation war die Wahrscheinlichkeit sogar um 45% bzw. 52% reduziert.

Klare Kommunikation gefordert

Zulassungserweiterungen wurde viel seltener ein therapeutischer Mehrwert im Vergleich zu ersten Indikationen zugesprochen; sowohl bei FDA- als auch bei EU-Zulassungen. Am häufigsten betrifft dies Anwendungsgebiete aus der Onkologie.

Wenn bestimmte Indikationen keinen Zusatznutzen haben, sollte das sowohl an Ärzte als auch Patienten kommuniziert werden und sich auch im Preis widerspiegeln, so die Autoren der Studie.

Quelle

Vokinger KN, et al. Therapeutic value of first versus supplemental indications of drugs in US and Europe (2011-20): retrospective cohort study. BMJ 2023, Jul 5;382:e074166. doi: 10.1136/bmj-2022-074166.