Nach einer Gürtelrose können gerade bei älteren Patienten langanhaltend Schmerzen auftreten. Norbert Schürmann, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS), stellte beim deutschen Schmerz- und Palliativtag 2023 Behandlungsmöglichkeiten für die Post-Zoster-Neuralgie vor.
Realistische Behandlungsziele ausmachen
Herpes Zoster (Gürtelrose) tritt vorrangig bei älteren Patienten auf. Dabei kommt es zu einer Reaktivierung von in den Spinalganglien ruhenden Varizella-Zoster-Viren nach einer vormaligen Windpockeninfektion. Bei etwa 10% der Patienten kommt es nach der Infektion zu langanhaltenden, starken Nervenschmerzen, einer sogenannten Post-Zoster-Neuralgie.
Der Schmerz wird von den Patienten brennend, elektrisierend und stechend beschrieben, so Schürmann, und sie treten insbesondere nachts und in Ruhe auf. Wichtig sei, mit den Patienten realistische Therapieziele zu besprechen. Bei derartig starken und langanhaltenden Schmerzen ist eine schnelle Heilung nicht möglich.
„Schmerzfreiheit innerhalb von 10 Tagen“ ist kein realistisches Therapieziel.
Als kurzfristige, mögliche Ziele nennt Schürmann
- eine Schmerzreduktion um mindestens 30 %
- die Verbesserung der Schlaf- und Lebensqualität
- den Erhalt der sozialen Aktivität und des sozialen Beziehungsgefüges sowie der Arbeitsfähigkeit
- eine Verbesserung der Funktionalität (z.B. Verbesserung der Bewegungseinschränkung durch die Schmerzen)
Medikamentöse Behandlungsoptionen
In der Regel werden für einen besseren Therapieerfolg Wirkstoffkombinationen eingesetzt. Einige der verwendeten Arzneimittel haben für die Therapie der Post-Zoster-Neuralgie keine Zulassung, sie werden also off Label angewendet.
Topische Schmerzlinderung
Nach Abheilung der Bläschen kann topisch ein Capsaicin-PfIaster (8 %) zur Linderung der Schmerzen genutzt werden. Es bewirkt einen reversiblen Funktionsverlust der nozizeptiven Nervenendigungen in der Haut und unterbricht so die Schmerzweiterleitung. Die Wirkung hält etwa 3 Monate an, danach muss eventuell erneut behandelt werden. Mittel der zweiten Wahl für die topische Behandlung ist ein 5%iges Lidocain-Pflaster.
Kühlend und antiseptisch wirken milde Antiseptika wie Polyhexanidlösung oder Octenidinlösung, kühlende Kochsalzlösung oder Schwarzteeumschläge können ebenfalls Linderung verschaffen. Adstringierende Zinkoxidlotion soll dagegen nicht eingesetzt werden.
Orale Therapie
Mittel der ersten Wahl bei Post-Zoster-Neuralgie sind Pregabalin und Gabapentin. Sie können auch prophylaktisch bei Gürtelrose gegeben werden, wenn das Risiko für langfristige Schmerzen besteht, also bei Patienten, die wiederholt erkrankt sind, die häufig an Schmerzsyndromen leiden oder immunsupprimiert sind.
Sind Pregabalin oder Gabapentin nicht geeignet, sind Carbamazepin, Oxcarbazepin und Topiramat mögliche Alternativen, allerdings im Off-Label-Einsatz. Eine weitere mögliche Substanzklasse sind Antidepressiva und hier insbesondere Amitriptylin, unter anderem wegen der schlafanstoßenden Wirkung und dem veränderten Umgang mit Schmerzen. Als weiteres Antidepressivum kommt Duloxetin infrage, dieses jedoch auch off Label. Zugelassen ist es nur für die diabetische Polyneuropathie, nicht jedoch für neuropathische Schmerzen allgemein. Für andere Antidepressiva besteht keine Evidenz.
Können die Schmerzen mit diesen Optionen nicht ausreichend kontrolliert werden, können Opioide (insbesondere Tapentadol oder Oxycodon) und als Add-on Cannabinoide eingesetzt werden.
Schmerz-Chronifizierung bei unzureichender Therapie
Generell gilt für die Therapie der Post-Zoster-Neuralgie, dass sie frühzeitig begonnen und konsequent fortgeführt werden muss.
Wir haben immer wieder Patienten, die sagen: „Ich will nichts nehmen.“ Die sparen dadurch nichts ein.
Nehmen die Patienten ihre Medikation nicht konsequent ein, reduzieren selbstständig die Dosis oder brechen die Behandlung ganz ab, kommen die Schmerzen in der Regel nach 3 bis 6 Monaten zurück und es besteht überdies die Gefahr einer Chronifizierung.
Quelle
Norbert Schürmann. Brennender Schmerz auf verkrusteter Haut. Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2023. Online 17. März 2023.