Bei Kaiserschnitten wird zur Blutungsprophylaxe Oxytocin gegeben. Nicht immer reicht dies aus. Könnte Tranexamsäure als Ergänzung die postoperativen Komplikationen reduzieren?
Postoperative Blutungen nach Sectio
Postoperative Blutungen nach einer Sectio gehören zu den problematischsten Komplikationen nach der Operation und sind weltweit Hauptursache für die postpartale Sterblichkeit. Jährlich sterben ungefähr 140.000 Frauen daran und 25% aller Schwangerschafts-assoziierten Todesfälle sind darauf zurückzuführen. Die WHO empfiehlt die Gabe von uterustonisieren Wirkstoffen wie Oxytocin zur Prophylaxe der Blutungen. Allerdings hilft Oxytocin nicht ausreichend bei Fällen, in denen die Blutungen nicht auf eine Atonie des Uterus zurückzuführen ist.
Nach Ergebnissen der World Maternal Antifibrinolytic (WOMAN)-Studie, bei der eine niedrigere Mortalität festgestellt wurde, wenn Frauen bei Auftreten von Blutungen mit Tranexamsäure behandelt wurden, hat die WHO die Empfehlungen bei der Therapie von postpartalen Blutungen um Tranexamsäure erweitert. Ob Tranexamsäure auch als Prophylaxe eingesetzt werden kann, wurde nun in einer Studie in Singapur untersucht.
Primäres Ziel der Studie war zu erfahren, ob die prophylaktische Gabe von Tranexamsäure wirksam ist, den berechneten geschätzten Blutverlust (cEBL, calculated estimated blood loss) bei Frauen mit und ohne Risikofaktoren für Blutverlust nach Sectio zu reduzieren.
Studiendesign
Für die Studie wurden Frauen über 21 Jahre in einem Krankenhaus in Singapur eingeschlossen, bei denen eine elektive Sectio geplant war. Die doppelblinde, randomisierte und placebokontrollierte Studie wurde zwischen Juni 2020 und Oktober 2021 durchgeführt.
Als Hochrisikogruppen für Blutungen wurden Frauen definiert mit:
- BMI ≥ 30 kg/m2
- ≥ 5 Kinder
- Mehrlingsschwangerschaft
- Blutungen oder Myome in der Vorgeschichte
- Anämie (präoperatives Hämoglobin <10,5 g/dl)
- Placenta praevia
- Kinder mit Geburtsgewicht ≥ 4 kg
Der cEBL wurde wie folgt berechnet: geschätztes Blutvolumen x (präoperativer Hämatokrit – postoperativer Hämatokrit)/präoperativer Hämatokrit, wobei das geschätzte Blutvolumen in ml dem Körpergewicht in kg x 85 entsprach.
Insgesamt wurden 200 Patientinnen in die Studie eingeschlossen. Nach Ausschluss und Rücknahme des Einverständnisses zur Studie von einzelnen Patientinnen erhielten:
- 94 Patientinnen Tranexamsäure (1 g i.v.)
- 83 Patientinnen Placebo (10 ml normale Kochsalzlösung)
Sowohl Interventions- als auch Kontrollgruppe erhielten die Infusion 10 Minuten vor der geplanten Hautinzision. Beide Gruppen erhielten nach Entbindung 5 Einheiten Oxytocin i.v.
Deutliche Verringerung der Blutungsmenge durch Tranexamsäure
Der durchschnittliche cEBL war mit –126,4 ml (–243,7 bis –9,1 ml, p=0,035) signifikant niedriger bei Patientinnen, die Tranexamsäure erhielten, als bei Patientinnen unter Placebo.
Bei den Hochrisikogruppen für Blutungen hatten Patientinnen unter Tranexamsäure deutlich niedrigere cEBL als Patientinnen unter Placebo (592,1 ± 369,5 versus 871,6 ± 455,0), durchschnittliche Differenz −279,6 ml (−454,8 bis −104,3, p = 0,002). Durch Tranexamsäure konnte der Anteil der Frauen mit hohem Blutverlust nach Entbindung signifikant gesenkt werden:
- cEBL ≥ 500 ml: 54,8% vs. 81,3%, RR 0,54, p=0,007
- cEBL ≥1000 ml: 11,9% vs. 33,3%, RR 0,44, p = 0,016
Fazit
Die Studienautoren empfehlen die Gabe von Tranexamsäure als Prophylaxe bei Kaiserschnitt, insbesondere bei den Hochrisikogruppen für postoperative Blutungen.
Quelle
Lee et al. Tranexamic acid, as an adjunct to oxytocin prophylaxis, in the prevention of postpartum haemorrhage in women undergoing elective caesarean section: A single-centre double-blind randomised controlled trial. BJOG. 2023;00:1–9. DOI: 10.1111/1471- 0528.174 45