Vom 14. bis 18. März 2023 findet der Schmerz- und Palliativtag online mit dem Schwerpunkt „Sorgen und Versorgen – Schmerzmedizin konkret“ statt. Bei der Auftaktpressekonferenz wurden einige wichtige Aspekte der Schmerztherapie in Deutschland vorgestellt.
Schmerzmedizinische Versorgungslücke
Die Kongresspräsidenten Dr. Johannes Horlemann, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) e.V., und Priv.-Doz. Dr. Michael A. Überall, Vizepräsident der DGS und Präsident der Deutschen Schmerzliga, berichteten, wie die schmerzmedizinische Versorgung in Deutschland aktuell aussieht und wo Handlungsbedarf besteht.
Derzeit gibt es in Deutschland eine Versorgungslücke bei der Betreuung von Schmerzpatienten. Horlemann berichtete, dass es laut Krankenkassendaten etwa 3,5 Millionen schwerstgradig chronifizierte Schmerzpatienten, aber nur knapp 350 Schwerpunktpraxen bzw. 1400 entsprechende Ärzte gibt.
Wenn alle 1400 Ärzte aus der QSV vollumfänglich schmerzmedizinisch aktiv wären, könnten wir bei der Fallzahlbegrenzung, die in der Kassenärztlichen Bundesvereinigung besteht (nämlich 300 pro Quartal), 420.000 Patienten betreuen.
Das bedeute, über 3 Millionen Schmerzpatienten können nicht versorgt werden, so Horlemann. Überdies sollten Schmerzpatienten nie nur Standardtherapien, sondern eine individuelle Betreuung erhalten. Das müsse sich aber auch in der Bedarfsplanung und den politischen Rahmenbedingungen niederschlagen, was derzeit nicht gegeben sei.
Es geht uns nicht darum, Leitlinien und Standards abzuarbeiten, sondern dass der einzelne Patient ganzheitlich gesehen, behandelt, begleitet und betreut wird.
Gesundheitspolitische Forderungen 2023
Horlemann stellte wichtige Anforderungen der DGS vor, die zur Stärkung der schmerzmedizinischen Versorgung notwendig sind:
- Sicherung der schmerzmedizinischen Versorgung durch eine rechtssichere Bedarfsplanung.
- Anerkennung der relevanten Evidenz aus der Versorgungsforschung in allen Gesundheitsfragen
- Unterstützung patientennaher, versorgungsrelevanter und verbindlicher PraxisLeitlinien unter Berücksichtigung der Versorgungsforschung der DGS.
- Stärkung der Prävention, was auch die Ausbildung des schmerzmedizinischen Nachwuchses beinhaltet.
Auch die medizinische Ausbildung und Nachwuchsförderung müsse überdacht werden, bestätigte Horlemann eine Anmerkung aus dem Publikum: Die jüngere Generation von Ärzten wolle nicht mehr so viel arbeiten. Außerdem gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente und nehmen gleichzeitig immer mehr Leistung in Anspruch. Allerdings wandte Horlemann auch ein, dass die Selbstausbeutung in den medizinischen Berufen nicht der Qualität der Versorgung diene.
Medizinische Ausbildung müsse neu gedacht werden – es gebe zum einen zu wenig Studienplätze und zum anderen zu wenig Engagement in der patientenbezogenen Medizin. Ein Anfang sei die Gestaltung des Kongresses: Durch das Online-Format am Abend konnte Horlemann eine zunehmende Beteiligung junger Ärzte sehen, weil das Format so beispielsweise weniger mit Kinderbetreuung kollidiert als ein Präsenzkongress über mehrere Tage.
Reibung erzeugt Wärme
Überall wünschte sich in seinem Schlusswort nicht nur viele Teilnehmer für den Kongress, sondern Diskussionen, Kontroversen und regen Austausch.
Aus dieser Reibungswärme entsteht in der Regel etwas Gutes.
Sein Wunsch sei die gemeinsam getragene Sorge um eine bessere Versorgung von chronischen Schmerzpatienten.
Quelle
Dr. Johannes Horlemann und Priv.-Doz. Dr. Michael A. Überall. Auftaktpressekonferenz „DGS im Dialog“ zum Deutschen Schmerz- und Palliativtag 2023. Sorgen und Versorgen – die Zukunft der Schmerzmedizin konkret gestalten. Online 14. März 2023.