Was haben Statistik und Bikinis gemeinsam?

Beim Lesen von Studienpublikationen kommt man um die Statistik nicht herum. In einem Vortrag beim Schmerz- und Palliativtag 2023 wurde erläutert, wie man diese Berechnungen verstehen und interpretieren kann.

Die Bösen und die Dummen

Viele Menschen tun sich mit Statistik schwer, auch Angehörige medizinischer Berufe, berichtet Priv.-Doz. Michael A. Überall. Andere nutzen das wiederum aus. So trifft man in der Welt der Statistik häufig auf zwei Gruppen:

  • die Bösen, d.h. diejenigen, die statistische Methoden in den Dienst ihrer jeweiligen Gruppeninteressen stellen.
  • die Dummen, d.h. diejenigen, die statistische Methoden weder kennen oder kennen wollen, noch anwenden wollen oder weder Zeit noch Lust dazu haben.

In seinem Vortrag gab Überall Tipps, wie man Studien und Statistiken lesen und interpretieren sowie Tricks der Verfasser durchschauen kann.

Vertrauen Sie Ihrem gesunden Menschenverstand!

Belegt der p-Wert die Wirksamkeit einer Therapie?

Laut Überall hat man sich im medizinischen Umfeld zu sehr an den p-Wert gewöhnt und arbeitet zu viel damit. Ganze Studienprogramme stehen und fallen mit dem p-Wert, obwohl er letzten Endes weder Sicherheiten noch Garantien bietet. Er sagt nichts über richtig oder falsch aus, sondern ist ein Wahrscheinlichkeitswert. Bezogen auf eine medizinische Studie bedeutet das, dass bei einem p-Wert

  • <0,05 die Wahrscheinlichkeit bei über 95% liegt,
  • <0,01 die Wahrscheinlichkeit bei über 99% liegt,
  • <0,001 die Wahrscheinlichkeit bei über 99,9% liegt,

dass der beobachtete Unterschied zwischen den beiden Studiengruppen auf die therapeutische Intervention zurückzuführen ist. Bei einem p-Wert von 0,06 ist das Ergebnis immer noch zu 94% sicher und es besteht somit kein großer Unterschied zu p=0,05. Trotzdem kann dieser kleine Unterschied darüber entscheiden, ob ein Medikament die Zulassung erhält, so Überall.

Somit belegt weder ein p-Wert ≤0,05 die Wirksamkeit eines Medikaments, noch beweist ein p-Wert >0,05 die Nichtwirksamkeit. Es geht dabei lediglich um Wahrscheinlichkeiten.

Genau hinschauen!

Bei einer Studie reiche oft schon ein Blick in den Abstract, um wichtige Informationen zu erhalten – die teilweise bereits im Widerspruch zum vielversprechenden Titel stehen. Überall stellte beispielsweise eine Studie vor, deren Titel Dronabinol als sichere Langzeitbehandlung für Patienten mit neuropathischen Schmerzen anpries. Bereits im Abstract zeigte sich, dass doppelt so häufig Nebenwirkungen auftraten, wie unter Placebo, ohne dass es eine bessere Wirksamkeit gezeigt hatte.

Überall zitierte den amerikanischen Autor Darrel Huff: „Kannst Du nicht beweisen, was Du beweisen möchtest, so beweise etwas anderes und benimm Dich so, als wäre es das Gleiche.“ Auch dieses Phänomen zeigt sich in Studienpublikationen regelmäßig.

Statistik ist wie ein Bikini: was sie enthüllt, ist vielversprechend, doch was sie verbirgt, ist wesentlich! (Aaron Levenstein)

Überall appellierte abschließend an die Zuhörer: „Lassen Sie sich nicht von schönen Aussagen hinters Licht führen!“

Quelle

Priv.-Doz. Michael A. Überall. Statistik in der Schmerzmedizin I: Von Schein und Sein – wie lese ich eine Studienpublikation (und warum)? Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2023. Online 14. März 2023.