Sind Fleischesser glücklichere Menschen?

Laut einer brasilianischen Querschnittsstudie haben Vegetarier häufiger Depressionen als Fleischesser. Die Studie kann jedoch keinen kausalen Zusammenhang belegen.

Mehr depressive Episoden bei Vegetariern

Eine vegetarische Ernährung wird häufig mit Vorteilen für die Gesundheit bzw. Fleischkonsum mit einem negativen Einfluss auf die Gesundheit assoziiert. Die Studie Brazilian Longitudinal Study of Adult Health (ELSA-Brasil) zeigte beispielsweise einen negativen Zusammenhang zwischen dem Verzehr von rotem oder hoch verarbeitetem Fleisch und Insulinresistenz/Diabetes. Die Studienautoren wollten nun außerdem der Frage nachgehen, inwieweit sich eine vegetarische Ernährung auf Depressionen auswirkt.

So erfolgte eine Querschnittanalyse zu diesem Thema aus den Daten derselben Studie. 14.216 Brasilianer im Alter von 35 bis 74 Jahren nahmen daran teil. Bei Vegetariern traten etwa doppelt so häufig depressive Episoden auf wie bei Fleischessern. Dies war unabhängig vom sozioökonomischen Status und sonstigen Lebensstil. Auch durch einen Nährstoffmangel sei der Unterschied nicht erklärbar, so die Autoren.

Kausalität nicht nachweisbar

Allerdings können diese Daten keinerlei Kausalität zwischen der Ernährung und dem Auftreten depressiver Episoden belegen. Problematisch ist das Studiendesign: In Querschnittstudien wird die Erhebung nur einmalig durchgeführt, im Gegensatz zu Längsschnittstudien, in denen die Daten zu mehreren Zeitpunkten gewonnen werden. Dadurch entstehen Momentaufnahmen, die die vorherige und folgende Entwicklung der Probanden unberücksichtigt lassen. Zudem handelt es sich bei den Angaben in der vorliegenden Studie sowohl zum Essen als auch zum Outcome um Selbstauskünfte, was ein Verzerrungspotenzial beinhaltet.

Die Autoren diskutieren auch die Möglichkeit einer umgekehrten Kausalität: Bei Menschen mit Depressionen sei häufiger eine Änderung des Essverhaltens zu beobachten als bei Gesunden. Überdies haben viele Antidepressiva eine Gewichtszunahme als Nebenwirkung, die Betroffene mit einer gesünderen Ernährung kompensieren wollen. Es sei außerdem möglich, dass Menschen mit Depressionen schlechter mit dem Leid oder Tod von anderen – inklusive Tieren – umgehen können und so häufiger auf eine vegetarische Ernährung umsteigen.

Noch zeigen die Daten jedoch nur eine Korrelation. Um eine Kausalität oder umgekehrte Kausalität zu belegen, werden Längsschnittstudien benötigt, so die Autoren.

Quelle

Kohl IS, et al. Association between meatless diet and depressive episodes: A cross-sectional analysis of baseline data from the longitudinal study of adult health (ELSA-Brasil). J Affect Disord 2023;320:48–56. doi: 10.1016/j.jad.2022.09.059. Epub 2022 Sep 23.