Patientengerechte Sprache für eine bessere Kommunikation

In einer amerikanischen Studie untersuchten Forscher, wie gut medizinische Laien typische medizinische Phrasen verstehen. Positive versus negative Testergebnisse können viele der Befragten richtig einordnen, andere Formulierungen bereiten dagegen mehr Probleme.

Übersetzung Arzt – Deutsch benötigt?

Eine einfache, patientengerechte Sprache ist wichtig für das Verständnis zwischen Arzt und Patient. Wie viel Patienten dann letzten Endes verstehen, ist jedoch nicht immer klar. Und viele Mediziner verwenden wider besseres Wissen auch gegenüber ihren Patienten die liebgewonnene Fachsprache.

In einer amerikanischen Studie wurde nun untersucht, welche Formulierungen problematisch sein können und ob die Missverständnisse in verschiedenen Patientengruppen (Alter, Bildung) gleichermaßen auftraten. Untersucht wurden Phrasen, die im Medizinjargon eine andere Bedeutung haben könnten als im allgemeinen Sprachgebrauch (z.B. positiv – negativ). Die Befragung erfolgte als Mischung aus Multiple-Choice-Fragen und Fragen mit kurzer Freitextantwort.

215 Teilnehmer (davon 63% Frauen) beantworteten den Fragebogen zu medizinischen Formulierungen (116 schriftlich, 99 mündlich).

Seit Corona bekannt: negativ ist positiv

Einige Fragen bezogen sich auf positive bzw. negative Testbefunde. Teilweise wurde auch vergleichend eine einfachere Formulierung zusätzlich abgefragt. Dass „negativ“ im medizinischen Sinne gut für den Patienten ist, wussten die meisten Befragten richtig einzuordnen. So verstanden 207 (96,3%), dass die Formulierung „das Krebsscreening war negativ“ bedeutet, dass sie keine Krebserkrankung haben. Immerhin 186 (86,5%) konnten auch „Ihre Blutkultur war negativ“ korrekt einordnen. Besser verstanden wurde jedoch die Alternative „Ihr Bluttest zeigt, dass sie keine Infektion haben“ (208 [97,7%]). Einen positiven Lymphknotenbefund erkannten dagegen nur noch 143 (66,5%) als unerwünschtes Ergebnis.

Die Autoren der Studie vermuten, dass unter anderem die Corona-Pandemie dazu beigetragen habe, dass viele Menschen nun wissen, dass ein negatives Testergebnis im klinischen Umfeld bedeutet, dass sie nicht krank sind.

Verflucht oder infiziert?

Ein „unauffälliges Röntgenbild“ interpretierten 171 (79,5%) richtig und 170 (79,1%) verstanden, dass ein „Tumorprogress“ nichts Gutes bedeutet.

Schlusslicht der Fragen bildete die „okkulte Infektion“. Hier vermuteten die Befragten eher einen Fluch als eine Erkrankung – nur 4 (1,9%) konnten mit der Formulierung etwas anfangen.

Einfache Sprache für alle

Die Autoren vermuteten, dass ältere Menschen und Personen mit höheren Bildungsabschlüssen die Fachsprache besser verstehen können als Jüngere oder weniger Gebildete. Diese Annahme bestätigte sich jedoch nicht. Lediglich bei zwei Fragen schnitten Ältere etwas besser ab. Gleiches galt für einen höheren Bildungsabschluss. Daher sei es umso wichtiger, immer eine einfache Sprache zu verwenden, so die Autoren. Die Kommunikation sollte frei von Fachjargon sein, um Missverständnissen vorzubeugen.

Kommentar

Auch wenn die Umfrage in den USA und somit auf Englisch war, lassen sich viele der Ergebnisse sicher übertragen, da viele der Formulierungen im Deutschen gleichermaßen vorkommen (z.B. positiv – negativ). Nicht übertragen lassen sich beispielsweise die Phrasen „Patient’s neuro exam is grossly intact“ (gutes Ergebnis, „gross“ bedeutet jedoch im allgemeinen Sprachgebrauch „ekelhaft“ oder „hässlich“) oder „Your urine tests are back and there were bugs in your urine“ („bugs“ sind im allgemeinen Sprachgebrauch „Käfer“ oder „Insekt“).

Im Deutschen lassen sich jedoch wahrscheinlich unzählige ähnliche Beispiele finden. So sollte jeder, der mit Patienten zu tun hat, öfter einmal innehalten und prüfen, ob das, was er gleich sagen möchte, wirklich eindeutig und unmissverständlich ist.

Ich erinnere mich zum Beispiel aus meiner Zeit in der Apotheke, dass die Phrase „nicht lieferbar“ oft Probleme machte: Mir haben Kunden daraufhin oft versichert, dass es ihnen nichts ausmache, das Medikament selbst abzuholen – ich müsse nicht den Botendienst schicken. Oder sie haben nicht verstanden, dass es ein generelles Problem war und nicht nur unsere Apotheke nicht in der Lage war, das gewünschte Arzneimittel zu beschaffen.

Einmal bin ich tatsächlich sogar über das Wort „nüchtern“ gestolpert. Auf die Erklärung, dass der Patient seine Schilddrüsentabletten morgens nüchtern einnehmen solle, antwortete der empört: „Was denken Sie denn von mir? Ich trinke doch morgens noch keinen Alkohol!“

Quelle

Gotlieb R, et al. Accuracy in Patient Understanding of Common Medical Phrases. JAMA Network Open 2022;5(11):e2242972. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.42972