Wenn es heiß wird, scheinen Anwender von bestimmten Herz-Kreislauf-Mitteln häufiger akute Myokardinfarkte zu erleiden. Die Medikation beeinträchtigt eventuell die Temperaturregulation des Körpers.
Mehr Infarkte bei Hitze registriert
Thrombozytenaggregationshemmer und Betablocker sollen das Risiko für Herzinfarkte senken. Möglicherweise setzt diese Schutzwirkung bei Hitze jedoch aus – kehrt sich womöglich um. In einer aktuellen Studie werden Zusammenhänge zwischen hohen Temperaturen und vermehrten Herzinfarktereignissen unter diesen Mitteln beschrieben. Es handelt sich dabei um eine retrospektive Datenauswertung aus der KORA-Kohorte des Helmholtz Zentrums München. Demnach war in Deutschland während warmer Perioden zwischen 2001 und 2014 das Risiko für hitzebedingte, nicht-tödliche Myokardinfarkte bei Anwendern von Thrombozytenaggregationshemmern und Betablockern im Vergleich zu kühlen Tagen erhöht. Zwar steigt das Risiko für Herzinfarkte bei hohen Temperaturen generell an, die Unterschiede zwischen Anwendern und Nicht-Anwendern waren der Studie zufolge jedoch signifikant.
Bei jüngeren Patienten zwischen 25 und 29 Jahren traten derartige Effekte stärker auf als bei Patienten im Alter von 60 bis 74 Jahren. Das untermauert aus Sicht der Forscher einen tatsächlichen kausalen Zusammenhang mit der Arzneimitteleinnahme, denn bei älteren Menschen besteht grundsätzlich eine höhere Prävalenz für eine vorbestehende koronare Herzkrankheit (KHK).
Möglicherweise Temperaturregelung beeinträchtigt
Die Medikation ist nicht als direkter Auslöser für die Herzinfarkte anzusehen. Die Studienautoren vermuten, dass Anwender dieser Arzneimittel deshalb anfälliger für hitzebedingte Herzinfarkte sein könnten, weil diese die körpereigene Temperaturregulierung einschränken könnten. So sei unter Anwendung von Betablockern die Vasodilatation in der Haut vermindert. In der Folge kann der Körper schlechter Wärme abgeben und die Körperkerntemperatur kann sich erhöhen. Bei gleichzeitiger Antihypertensiva-Einnahme könne ein durch Betablocker verstärkter blutdrucksenkender Effekt bei Hitze zusätzlich problematisch sein. Auch Experten der Deutschen Herzstiftung bestätigen, dass sich die Wirkung von Blutdrucksenkern bei hohen Außentemperaturen verstärken und zu Schwindel und Schwäche führen kann. Aus ihrer Sicht kann es sinnvoll sein, bei längeren Aufenthalten in warmen Regionen die Dosis zu reduzieren, insbesondere wenn der systolische Blutdruck auf ≤ 110 mm Hg absinkt.
Nicht einfach absetzen
Diese Studienergebnisse sind als erste Hinweise einzuordnen, die angesichts der Klimaveränderungen von Bedeutung sein können. Die Autoren betonen, dass weitere Untersuchungen nötig sind, um herauszuarbeiten, ob und auf welche Weise tatsächlich die Medikation das kardiovaskuläre Risiko erhöht. Keinesfalls sollte für Patienten, die diese Mittel nehmen, ohne Rücksprache mit dem Arzt übereilig die Medikation geändert oder gar beendet werden. Vielmehr sollten Herz-Kreislauf-Patienten bei Hitzewellen vorsichtig sein und sich den Temperaturen angepasst verhalten.
Quelle
Chen K, Dubrow R, Breitner S, et al. Triggering of myocardial infarction by heat exposure is modified by medication intake. Nat Cardiovasc Res 2022.