Allergie kann Ängste auslösen

Die psychologischen Aspekte einer Nahrungsmittelallergie sind ein seltenes Thema. Dabei kann die Angst, etwas Falsches zu essen, ungesunde Ausmaße annehmen. Strategien gegen die ständige Sorge standen im Fokus des diesjährigen Lebensmittelallergietags.


Wie schlimm wird es?

Allergiker, bei denen die potenzielle Gefahr eines anaphylaktischen Schocks besteht, leben mehr oder weniger in stetiger Alarmbereitschaft. Wann und wie schwer eine allergische Reaktion ausfällt, bleibt jedoch immer eine unbekannte Größe. Damit zu leben, kann Ängste auslösen, so der Deutsche Allergie- und Asthmabund (daab) im Rahmen des diesjährigen Lebensmittelallergietags am 21. Juni.

Angst kann Symptome verstärken

Eine gewisse Sorge ist normal und nützlich. Wächst sie aber in Situationen ohne akute Bedrohung zu einer übermäßigen Angst, entsteht eine zusätzliche Belastung. Denn Angst löst im Körper Reaktionen aus, die typischen Allergiesymptomen ähneln und diese verstärken können: Übelkeit, Atemnot, Herz-Kreislauf-Probleme.

Eine Panikattacke ist kein anaphylaktischer Schock und nicht lebensbedrohlich.

Ebenso ist eine Konditionierung möglich, beispielsweise körperliche Reaktionen allein beim Anblick des Allergens. Darüber hinaus können sich Essstörungen aufgrund von Lebensmittelallergien ausbilden.

Sicher fühlen dank Notfallset und Wissen

Psychologin Michaela Rünger, Wachtberg, sieht in Präventionsmaßnahmen wichtige Methoden gegen die Angst. Ist das Notfallset immer dabei, das Umfeld informiert und ein weitgehend allergenfreier Alltag eingeübt, sinkt das Risiko einer lebensbedrohlichen Anaphylaxie deutlich. Wer seine Symptome gut kennt, kann außerdem früh reagieren. Hilfreich ist das Wissen: Im Falle eines Falles setzt die Wirkung des Adrenalinautoinjektiors innerhalb von wenigen Minuten ein und verschafft rasch Erleichterung.

Man hat immer ein paar Minuten zum Handeln.

Gut über die Allergie informiert zu sein bedeutet, sich weniger ausgeliefert zu fühlen. Kinder mit Allergien sollten schon früh einbezogen werden . Im Übrigen fühlen sich Allergiker, die einfühlsame und unterstützende Ärzte und Ernährungsberater an ihrer Seite haben, deutlich sicherer.

Echte Gefahr nur bei Verschlucken

Nahrungsmittelallergien besitzen einen gewissen Vorteil: Eine Anaphylaxie ist nur beim Verzehr es Allergens möglich. Kontakte über die Haut oder Atemluft, das Riechen oder Sehen des Allergens können zwar in seltenen Fällen lokale Reaktionen, Übelkeit oder Atemnot auslösen, aber niemals eine Anaphylaxie. Einzige Ausnahme ist das Einatmen über Kochdämpfe.

So skurril es klingen mag: Einmal den Ernstfall zu erleben, kann die Angst lindern. Allergiker, die im geschützten Rahmen einer Klinik oder Arztpraxis eine Provokation mit ihrem Allergen erlebt haben, lernen die Reaktionen kennen und nehmen die Erfahrung mit, dass die Notfall-Arzneimittel ihnen schnell helfen.

Respekt statt Angst

Wie bei jeder chronischen Erkrankung ist Vorsicht angebracht, aber eine Lebensmittelallergie sollte weder das Leben bestimmen noch extrem einschränken. Die Expertin warnt insbesondere besorgten Eltern davor, die Lebensqualität ihrer Kinder stark zu beschneiden oder eigene starke Ängste auf den Nachwuchs zu übertragen. Mit der sogenannten systematischen Desensibilisierung, einer Methode der Verhaltenstherapie, können übergroße Ängste gelindert werden. Davon lässt sich doppelt profitieren: Einmal erlernte Entspannungsmechanismen können sowohl den Allergie-Notfall als auch eine Panikattacke erträglicher machen.

Quelle

daab Online-Seminar „Nahrungsmittelallergie – Was tun, wenn die Angst mit isst?“ zum Lebensmittel-Allergietag am 21.06.2022. https://www.daab.de/lebensmittelallergietag2022/