Fleisch und Fisch sind für eine normale Entwicklung nicht nötig. Eine Studie fand bei jungen Vegetariern keine klinisch bedeutsamen Unterschiede für Wachstum, Mikronährstoffe und Serumlipide. Allerdings sollte das Gewicht im Auge behalten werden.
Wachstum und Laborwerte im grünen Bereich
Auch Kinder essen häufiger vegetarisch. Immer wieder äußern jedoch manche Ernährungsberater, Erzieher und Ärzte Bedenken gegenüber einer pflanzenbasierten Kost im Entwicklungsstadium. Andere sehen dagegen keinerlei Risiken, entsprechend existieren teilweise stark konträre Empfehlungen – je nachdem, wen man fragt. Bisherige kleinere Studien wiesen teilweise begrenzte Evidenzen auf und brachten widersprüchliche Ergebnisse. In einer Längsschnittstudie aus Kanada wurden nun rund 8900 gesunde Kinder in einer ethnisch vielfältigen Kohorte im Alter von sechs Monaten bis acht Jahren (darunter 248 Vegetarier) untersucht und verschiedene medizinische Parameter verglichen. Kinderärzte bewerteten in regelmäßigen Abständen die gesundheitliche Entwicklung. Die Ergebnisse dürften besorgte Eltern beruhigen: Veggie-Kids zeigten keine Abweichungen bezüglich des Wachstums und der Eisen- und Vitamin-D-Speicher. Konkret wurden analysiert: Größe und Gewicht anhand geltender Perzentilen, Serumferritin, 25-Hydroxyvitamin D sowie Serumlipide.
Es wurden keine Hinweise auf klinisch bedeutsame Unterschiede im Wachstum oder bei biochemischen Messungen der Ernährung bei Kindern mit vegetarischer Ernährung gefunden.“
Vorsicht vor Untergewicht
Eine Auffälligkeit gab es allerdings: Unter den vegetarischen Kindern stieg die Wahrscheinlichkeit für Untergewicht (Odds Ratio 1,87; 95%-Konfidenzintervall 1,19 ‒ 2,96; p = 0,007). Hier kann und sollte eine sorgfältige Ernährungsplanung und Beobachtung erfolgen, um frühzeitig gegenzusteuern. Einen Zusammenhang mit Übergewicht oder Fettleibigkeit fanden die Studienautoren nicht.
Milch erhöht Lipidwerte bei Veggies
Ein weiterer Aspekt der Studie war ein möglicher Einfluss von Kuhmilch auf die Serumlipide. Hier zeigten sich vergleichbare Ergebnisse bei vegetarischen und nicht-vegetarischen Kindern, die zwei Tassen Kuhmilch pro Tag konsumierten. Veggie-Kinder, die auf Milch weitgehend verzichteten, hatten niedrigere Lipidwerte als Nicht-Vegetarier. Die Milchkonsumenten unter den Vegetariern wiesen dagegen ein höheres Nicht-HDL-Cholesterin auf, ein höheres Gesamtcholesterin sowie ein höheres LDL-Cholesterin. Inwieweit diese Unterschiede in den weiteren Lebensjahren Bestand und Bedeutung haben, ist unklar.
Kommentar
Die Deutschen tun sich noch sehr schwer damit, vegetarische oder gar vegane Ernährung für Kinder gutzuheißen. Anders in den USA: Hier gelten gut geplante vegetarische und vegane Diäten für Menschen jeden Alters als sicher. Gesundes vegetarisches Essverhalten für Kinder im Alter von 12 bis 23 Monaten findet explizit einen Platz in den aktuellen Ernährungsrichtlinien, wenn auch in Zusammenhang mit ärztlicher Abstimmung.
Es kommt darauf an, wie man’s macht
Grundsätzlich kommt es bei jeder Ernährungsweise auf eine gute Strategie und Ausgewogenheit an. Denn längst nicht jeder Nicht-Vegetarier, ob Kind oder Erwachsener, erreicht die gültigen Nährwertempfehlungen – ganz im Gegenteil. Unterversorgung hinsichtlich diverser Nährstoffe durch einseitige Ernährung tritt auch bei Fleischfans häufig auf. Schon lange predigen Ernährungswissenschaftler, dass es keine gesunden oder ungesunden Lebensmittel gibt, sondern es auf den richtigen Mix ankommt. Ob eine Lebensweise gesund ist oder nicht, entscheidet eben mehr als allein der Fleischkonsum.
Zudem wird es selten gelingen, überzeugte Vegetarier zu Steak und Wurst zu überreden oder Eltern eine Kinderkost entgegen ihrem eigenen Verhalten ans Herz zu legen. Das Ziel aller beteiligten Disziplinen sollte also sein, Wünsche und Vorlieben im Essverhalten zu respektieren und bestmöglich zu begleiten. Insbesondere in der vegetarischen Kinderernährung sind unterstützende und kompetente Ärzte und Ernährungsberater Gold wert.
Quelle
Elliott LJ, Keown-Stoneman CDG, Birken CS. Vegetarian diet, growth, and nutrition in early childhood: a longitudinal cohort study. Pediatrics 2022;149: e2021052598. https://doi.org/10.1542/peds.2021-052598