Hausärztin Dr. Karin Anton, Berlin, riet beim Schmerz- und Palliativtag 2022, regelmäßig die Impfpässe älterer Patienten anzuschauen. Die Impfquoten sind in vielen Altersgruppen nicht besonders gut, aber gerade für ältere und multimorbide Patienten stellen verschiedene Infektionskrankheiten ein besonderses Risiko dar. Mit einer Impfung könnten sie sich schützen.
Alterndes Immunsystem macht mehr Impfungen nötig
Im Alter nimmt die Immunkompetenz ab – das Immunsystem altert ebenfalls (Immunoseneszenz). Vor allem multimorbide Patienten haben ein hohes Risiko für schwere Verläufe von Infektionskrankheiten. Deswegen empfiehlt die STIKO im Alter einige Impfungen als Standardimpfungen, die bei jüngeren nur sogenannte Indikationsimpfungen sind.
So sollten sich Über-60-Jährige gegen Herpes Zoster, Pneumokokken, jährlich gegen Influenza und einmal im Erwachsenenalter gegen Keuchhusten (Kombinationsimpfung mit Tetanus/Diphtherie) impfen lassen. Ein Arzt hat sogar die Verpflichtung, auf die Möglichkeit, Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit einer Impfung aufmerksam zu machen, so Anton.
Herpes Zoster
Über 95 % der Erwachsenen haben Antikörper gegen das Varizella-Zoster-Virus nach Windpocken-Erkrankung im Kindesalter. Etwa 400.000 erkranken pro Jahr an der Zweitmanifestation Herpes Zoster. Dreiviertel von ihnen sind über 50 Jahre alt und mit weiter zunehmendem Alter steigt auch die Wahrscheinlichkeit einer Post-Zoster-Neuralgie als Komplikation.
Menschen über 60 Jahre (bzw. über 50 Jahre mit schweren Grundleiden) sollen eine zweimalige Impfung mit dem adjuvantierten Totimpfstoff im Abstand von mindestens zwei bis maximal sechs Monaten erhalten. Die Impfung mit dem Lebendimpfstoff wird nicht als Standard empfohlen. Neuere kanadische Daten zeigen, dass die Immunantwort mehr als zehn Jahre anhält.
Auch für Patienten, die bereits an Herpes Zoster erkrankt waren, lohnt sich die Impfung noch, denn etwa 10% erleiden innerhalb von zehn Jahren ein Rezidiv.
Pneumokokken
Gegen Pneumokokken stehen verschiedene Impfstoffe zur Verfügung: ein 23-valenter Polysaccharid-Impfstoff (PPSV23) sowie Konjugatimpfstoffe. Letztere sind stärker wirksam, Menschen über 60 Jahren sollen jedoch den Polysaccharid-Impfstoff erhalten, eventuell mit einer Wiederholungsimpfung nach frühestens sechs Jahren (individuelle Indikationsstellung).
Der 13-valente Konjugatimpfstoff wird beispielsweise bei angeborenen oder erworbenen Immundefekten in einem sequenziellen Impfschema angewendet: Nach Impfung mit dem Konjugatimpfstoff folgt nach sechs bis zwölf Monaten die Zweitimpfung mit PPSV23.
Seit Februar ist auch ein 20-valenter Konjugatimpfstoff für Personen ab 18 Jahren zugelassen, dieser hat aber noch keinen Einzug in die offiziellen STIKO-Empfehlungen gehalten.
Influenza
Seit der Saison 2021/2022 steht für Menschen ab 60 Jahren ein Hochdosis-Impfstoff mit der vierfachen Antigendosis zur Verfügung. Die STIKO empfiehlt auch nur den Einsatz dieses stärker wirksamen Präparats bei Älteren.
Allerdings kam es in der vergangenen Grippesaison häufiger zu Lieferschwierigkeiten, sodass auch die konventionellen Impfstoffe bei Menschen über 60 Jahren zum Einsatz kamen, so Anton.
Pertussis (Keuchhusten)
Einmal im Erwachsenenalter sollte eine Impfung gegen Keuchhusten erfolgen. Ein monovalenter Impfstoff ist nicht verfügbar, daher sollte bei einer fälligen Tetanus/Diphtherie-Auffrischungsimpfung ein Kombinationspräparat verwendet werden, das auch Pertussis abdeckt.
Außerdem ist bei Älteren eventuell auch dann eine Impfung fällig, wenn sie Großeltern werden. Enge Kontaktpersonen von Neugeborenen sollten alle zehn Jahre gegen Keuchhusten geimpft werden, um das Kind zu schützen. Schwangere werden für einen guten Nestschutz sogar während der Schwangerschaft geimpft.
Quelle
Symposium Impfen jenseits von Corona – Pflicht oder Kür? Karin Anton, Berlin: Aktuelle STIKO-Empfehlungen zum Impfen bei älteren Patienten. Schmerz- und Palliativtag 2022, 22. bis 26. März 2022, virtuell.