Keine Bagatelle: Kopfschmerz bei Kindern und Jugendlichen

Im Rahmen des diesjährigen Deutschen Schmerzkongresses vom 19. bis 23. Oktober 2021 machten Experten auf die Bedeutung von Kopfschmerzen bei jungen Menschen aufmerksam. Wiederkehrende Beschwerden bei Kindern und Jugendlichen werden oft nicht ernst genommen. Dabei ist eine Behandlung wichtig, einfach und effektiv.

Frühe Belastung

Mehr als zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler leiden regelmäßig an Kopfschmerzen, berichtete PD Dr. med. Gudrun Goßrau, Leiterin der Kopfschmerzambulanz im Interdisziplinären Universitätsschmerzzentrum am Universitätsklinikum Dresden und Kongresspräsidentin des Deutschen Schmerzkongresses 2021, im Rahmen der Pressekonferenz zur Veranstaltung. Rund 20% sind durch mehr als zwei Kopfschmerztage im Monat so beeinträchtigt, dass sie wiederholt dem Unterricht fernbleiben. Das senkt nicht nur die Lebensqualität, sondern kann sogar die Ausbildung gefährden. Neben genetischen und psychosozialen Hintergründen spielen Leistungsdruck und emotionaler Stress dabei eine große Rolle. Kinder und Jugendliche, die sich wenig bewegen, unausgewogen ernähren und viel Zeit vor dem Bildschirm verbringen, entwickeln eher Kopfschmerzen – ein Zustand, der sich durch die Corona-Pandemie weiter verschärft hat. Besonders gefährdet sind außerdem junge Menschen, die regelmäßig Analgetika einnehmen und an chronischen Erkrankungen wie Rheuma oder ADHS leiden.

Kopfschmerzen können den Alltag und die Zukunft junger Menschen stark beeinträchtigen.

Migräne früh entgegenwirken

Schon in frühen Jahren kann das Krankheitsbild Migräne auftreten. Neben chronischem Spannungskopfschmerz ist sie die häufigste Form primärer Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen. Das ist deshalb besonders fatal, weil derartige Beschwerden in der vulnerablen Übergangsphase der Adoleszenz ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung weiterer Schmerzen im Erwachsenenalter mit sich bringen. Umso wichtiger für Eltern und Lehrer, sensibel zu reagieren und bei wiederholten Kopfschmerzattacken eine ärztliche Diagnose und Behandlung zu unterstützen.

Bitte zum Arzt gehen

Klagen Kinder und Jugendliche über Kopfschmerzen, erfährt meist kein Arzt davon. Das sollte sich ändern, meint die Expertin. Ein großes Problem ist die Selbstmedikation. Viele Schmerzmittel, die in Eigenregie angewendet werden, sind für Kinder gar nicht geeignet. Heranwachsende sollten Medikamente generell nur auf ärztliche Verordnung und in empfohlener Dosierung einnehmen. Andernfalls steigt das Risiko für Fehlgriffe und Überdosierungen. Unter ungeeigneter Medikation, speziell zu hohen Dosierungen, kann ein skurriles Phänomen auftreten: Dann verstärken Schmerzmittel die Schmerzen anstatt sie zu lindern.

Es besteht akuter Handlungsbedarf, wenn Kinder regelmäßig an Kopfschmerzen leiden.

Was reduziert die Kopfschmerzen?

Mehr als eine medikamentöse Behandlung können kleine Veränderungen im Alltag bewirken:

  • Gleichmäßiger, gesunder Tagesrhythmus
  • Mehr Entspannungszeiten (ohne Handy)
  • Weniger Termindruck
  • Ausreichendes Trinken
  • Regelmäßiger Schlaf
  • Regelmäßiger Sport

Können die Beschwerden durch diese Maßnahmen nicht zufriedenstellend reduziert werden, stehen interdisziplinäre Konzepte zur Verfügung. Ein Beispiel ist das Dresdner Kinderkopfschmerzprogramm (DreKiP). Leider können die vorhanden Therapiestrukturen nach Meinung der Expertin den Versorgungsbedarf nicht abdecken. Doch auch eine interdisziplinäre Behandlung in kleinerem Rahmen ist effektiv, etwa die Versorgung über einen Kinder- oder Hausarzt in Kooperation mit Fachärzten oder Psychotherapeuten.

Quelle

Online-Pressekonferenz anlässlich des Deutschen Schmerzkongresses (19. bis 23. Oktober 2021) der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. und der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V. (DMKG). „Wissen schaffen – Wissen leben“ am Mittwoch, 20. Oktober 2021.