Kohortenstudien liefern brauchbare Ergebnisse

Sie sind nicht die Lieblinge der Wissenschaft. Als Basis für Ernährungsempfehlungen stehen jedoch hauptsächlich Daten aus Kohortenstudien zur Verfügung. In einer aktuellen Arbeit wird nun ihre Aussagekraft bestätigt.

Wo Placebo-Speisen fehlen, …

Wer die Wirksamkeit einzelner Substanzen testen möchte, findet in randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) ein geeignetes Werkzeug. Zwei zufällig gewählte Personengruppen mit ähnlichen Eigenschaften bekommen das zu untersuchende Präparat bzw. ein Placebo. Die Ergebnisse solcher Interventionen gelten als überaus zuverlässig. Auf diese Weise läuft es klassischerweise bei Arzneimitteln.

Diese Vorgehensweise stößt bei der Bewertung von bestimmten Ernährungsweisen und deren Bedeutung für die Gesundheit jedoch schnell an seine Grenzen. Ein Problem ist der Zeitraum: Während Effekte von Medikamenten nach wenigen Tagen oder einigen Wochen beobachtet werden können, sind Aussagen über Zusammenhänge von Ernährungsgewohnheiten und deren Auswirkungen auf die Gesundheit über Jahre oder gar Jahrzehnte nötig. Zudem ist es in vielen Fällen nahezu unmöglich, Placebos einzusetzen, beispielsweise bei Fragestellungen zu täglichem Obst- oder Fischverzehr. Daher lautet die Alternative: Beobachtungstudien.

… sind Kohorten gefragt

Grundlagen von Kohortenstudien sind Befragungen und Untersuchungen von Probandengruppen über mehrere Jahre hinweg. So lassen sich statistische Zusammenhänge zwischen Ernährung und Gesundheit herstellen. Sie lassen sich aber eben nicht in dem Maß untermauern, wie RCTs es können. Öfter als bei RCTs bleibt die Frage zurück, ob das entdeckte Merkmal wirklich eine Ursache ist. Ist der täglich verzehrte Apfel tatsächlich der Grund für das verringerte Krebsrisiko in einer Kohorte oder spielen andere Faktoren eine entscheidende Rolle? Dieses vermeintliche Manko führt oft zu skeptischen Blicken auf Kohortenstudien seitens der Wissenschaft. Zu Recht? Das wollten nun Wissenschaflter vom Institut für Evidenz in der Medizin am Uniklinikum Freiburg wissen, dem Partnerinstitut von Cochrane Deutschland.

Vergleich bestätigt Aussagekraft

In der aktuellen meta-epidemiologischen Arbeit wurden die Ergebnisse von RCTs und Kohortenstudien systematisch auf Übereinstimmungen untersucht. Die Autoren fanden in 97 Fällen vergleichbare Fragestellungen sowohl in RCTs als auch in Kohortenstudien zu Zusammenhängen zwischen Ernährungsfaktoren und Gesundheitseffekten. Die häufigsten Forschungsfelder betrafen Mikronährstoffe, darüber hinaus lagen Studien zu diätetischen Maßnahmen, Fettsäuren sowie einzelne Lebensmittelgruppen vor. Die Intervention bestand in beiden Studientypen aus der Gabe von Nahrungsergänzungsmitteln, täglichem Verzehr bestimmter Lebensmittel oder Nährstoffe oder einer Kombination aus beiden. Im Vergleich der jeweiligen Ergebnispaare ergaben sich nur geringe Unterschiede. Je ähnlicher die Fragestellungen waren, desto mehr stimmten die Schlussfolgerungen beider Studientypen überein.

Insofern sind Zusammenhänge, zu denen keine RCTs vorhanden oder nur schwer möglich sind,  aufgrund von Hinweisen aus Kohortenstudien als relevant und die Schlussfolgerungen als durchaus haltbar zu bewerten. Ernährungsleitlinien können und sollten auf der Grundlage beider Studientypen – idealerweise jedoch aus ihrer Kombination – erstellt werden.

Quellen

Schwingshackl L, Balduzzi S, Beyerbach J, Bröckelmann N, Werner S S, Zähringer J et al. Evaluating agreement between bodies of evidence from randomised controlled trials and cohort studies in nutrition research: meta-epidemiological study BMJ 2021; 374 :n1864.

Cochrane Deutschland. Ernährungsstudien sind besser als ihr Ruf. Pressemitteilung vom 15.09.2021 (Zugriff am 21.09.2021).