Weichgewebesarkome sind selten. Zur Behandlung standen im europäischen Raum bislang nur Expertenempfehlungen zur Verfügung. Eine neue S3-Leitlinie gibt nun erstmals evidenzbasierte Empfehlungen zu Diagnostik, Therapie und Nachsorge von Weichgewebesarkomen.
Seltene Tumoren mit heterogenen Eigenschaften
Weichgewebesarkome sind seltene Tumoren, die im Muskel-, Fett-, Knorpel oder Bindegewebe auftreten. Zusammen mit Knochensarkomen und gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) beträgt die Neuerkrankungsrate dieser heterogenen Gruppe in Deutschland etwa 6000 neue Fälle pro Jahr, was rund 1% aller Krebsneuerkrankungen bei Erwachsenen ausmacht. Bei Kindern ist der Anteil höher.
Sarkome unterscheiden sich grundlegend von der Gruppe der Karzinome. Auch untereinander gibt es große Unterschiede hinsichtlich des biologischen Verhaltens, der Prognose und des Therapieansprechens. Die neue S3-Leitlinie „Adulte Weichgewebesarkome“ bietet nun weltweit die ersten evidenzbasierten Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie in Abhängigkeit von Histologie und Tumorstadium, auch für seltene Subtypen. Etwa 90% der 228 Empfehlungen und Statements sind weiterhin auf einen „Expertenkonsens“ zurückzuführen.
5 Eckpunkte der Leitlinie
- Diagnostik und Therapie eines Weichgewebesarkoms sollen durch bzw. in Abstimmung mit einem zertifizierten Sarkomzentrum oder assoziierten Kooperationspartner erfolgen. Die Therapie soll im Rahmen eines interdisziplinären Tumorboards geplant werden.
- Die Biopsie ist wichtiger Teil der Erstdiagnose und sollte an einem spezialisierten Zentrum vom späteren Operateur oder in Absprache mit ihm durchgeführt werden. Zur Erstdiagnose eines Weichgewebesarkoms soll keine Feinnadelbiopsie, sondern eine Stanzzylinderbiopsie oder eine Inzisionsbiopsie erfolgen. Der Zugang sollte so gewählt werden, dass er bei der definitiven Resektion mit entfernt werden kann. Bei einer Inzisionsbiopsie soll der Biopsiezugang mit dem Resektat en bloc entfernt werden.
- Das therapeutische Kernelement für Erwachsene mit lokalisiertem Weichgewebesarkom ist unabhängig von der Lokalisation die chirurgische Entfernung mit tumorfreien Präparaträndern (R0-Resektion). Dabei ist eine En-bloc-Resektion von Tumor und Biopsiezugang anzustreben.
- Des Weiteren werden in der Leitlinie Empfehlungen zur Rekonstruktion nach operativer Entfernung eines Weichgewebesarkoms sowie zur Strahlen- und Chemotherapie gegeben. Einige Behandlungsverfahren werden fast ausschließlich bei Patienten mit Weichgewebesarkomen eingesetzt, darunter die isolierte Extremitätenperfusion, regionale Tiefenhyperthermie oder liposomale Zytostatika. Für diese Verfahren werden Hinweise zum Stellenwert und Empfehlungen für Einsatz/Nicht-Einsatz gegeben.
- Ist der Tumor weiter fortgeschritten, soll Betroffenen vor einer Operation eine multimodale Therapie angeboten werden.
Die S3-Leitlinie „Adulte Weichgewebesarkome“ wurde im Leitlinienprogramm Onkologie unter Federführung der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft und der German Interdisciplinary Sarcoma Group e.V. (GISG) erarbeitet. Insgesamt haben 41 Fachgesellschaften und Organisationen an der Erstellung mitgearbeitet, darunter die Selbsthilfeorganisation Deutsche Sarkom-Stiftung.
Quelle
Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3–Leitlinie Adulte Weichgewebesarkome, Version 1.0, 2021, AWMF–Registernummer: 032/044OL, https://www.leitlinienprogramm–onkologie.de/leitlinien/adulte–weichgewebesarkome/ (abgerufen am: 13.09.2021)
Die Leitlinie ist zudem in der App des Leitlinienprogramms Onkologie integriert.