Wer deutlich an Körpergröße verliert, hat ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Diese Prognose scheint auch schon für Frauen ab 30 zuzutreffen, wie eine skandinavische Studie ergab.
Älterwerden kostet Größe
Natürliche Alterungsprozesse verursachen etwa ab dem 50. Lebensjahr Substanzverluste in Knochen und Bandscheiben: Der Mensch wird kleiner, ein ganz normaler Prozess. Ausmaß und Geschwindigkeit, mit der diese Veränderungen geschehen, sind jedoch Marker für das Risiko, frühzeitig zu sterben, insbesondere an den Folgen einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Dass zwischen abnehmender Körpergröße und kardiovaskulärer Mortalität ein Zusammenhang besteht, wurde bereits bei älteren Menschen beobachtet.
Die aktuelle Studie aus Göteborg untersuchte, inwiefern eine schwindende Körpergröße in jüngeren Jahren mit einem erhöhten Sterberisiko verknüpft ist. Dazu wurden 2406 Frauen aus Dänemark und Schweden im Alter von 30 bis 62 Jahren (Durchschnittsalter: 45 Jahre) zweimal vermessen, zu Beginn der Studie und nach 10 bis 13 Jahren. Zusätzlich verfolgten die Wissenschaftler auftretende Todesfälle unter den Teilnehmerinnen bis zu 19 weitere Jahre.
Pro Zentimeter steigt das Risiko
Im Durchschnitt schrumpften die Frauen um 0,8 Zentimeter über 11,4 Jahre. 625 starben während der Nachbeobachtungsphase, davon 194 an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Schlaganfällen. Eventuelle Einflussfaktoren wie Rauchen und Körpergewicht wurden bei der Analyse berücksichtigt.
1 Zentimeter kleiner: Risiko steigt um 15%
Unabhängig von der Todesursache stieg das Mortalitätsrisiko um 15% bei Frauen, die einen Zentimeter eingebüßt hatten. Bei denjenigen, die in der Zwischenzeit zwei Zentimeter kleiner geworden waren, stieg das Sterberisiko sogar um 74%. In Bezug auf die kardiovaskuläre Mortalität bedeutete ein Zentimeter Verlust eine Risikosteigerung um 21%, zwei Zentimeter ein um mehr als das doppelte erhöhtes Risiko. Beruhigendes Ergebnis für kleine Frauen: Sie schrumpften weniger im Vergleich zu großen Geschlechtsgenossinnen.
Sport hilft nur bedingt
Regelmäßige, körperliche Aktivität stellte sich als schützender Faktor heraus. Dazu muss das Training aber scheinbar intensiv sein, vier Stunden wöchentlich mit geringer Belastung reichten laut der Studienergebnisse nicht aus, um die negativen Folgen des Kleinerwerdens zu mindern. Sport ist dennoch von Vorteil, regelmäßige Belastung kann den altersbedingten Verlust an Knochenmasse und -stabilität senken, die Muskelkraft erhalten und eine aufrechte Körperhaltung unterstützen – Faktoren, die auch Körpergröße beeinflussen.
Kommentar
Frauen (und Männern) ab 35 Jahren steht hierzulande alle drei Jahre ein Gesundheits-Check zu. Wenn der Körpergröße hierbei entsprechende Aufmerksamkeit gewidmet wird, können frühzeitige Größenveränderungen erkannt werden. Die simple Messmethode eröffnet die Chance, sowohl Osteoporose als auch drohenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen schon im mittleren Alter entgegenzugehen. Denn dann ist das Potenzial, drohende Gefahren durch Lebensstiländerungen abzuwenden, noch groß.
Quelle
Klingberg S et al. Loss of height predicts total and cardiovascular mortality: a cohort study of northern European women. BMJ Open 2021;11:e049122; doi:10.1136/bmjopen-2021-049122