Eine wirksame pharmakologische Analgesie kann auch immer mit Nebenwirkungen verbunden sein. Diese möchte man besonders bei der Entbindung klein halten. Ein neuer Virtual-Reality-Ansatz könnte helfen.
Klassisches Behandlungsschema
Um die Schmerzen während einer Geburt zu lindern, kommen auf der ersten Stufe Entspannungstechniken wie die klassischen Atemübungen zum Einsatz. Auf einer zweiten Stufe setzen Ärzte Opioide ein. Diese können allerdings zu Übelkeit führen. Eine Atemdepression beim Kind ist ebenfalls möglich. Auf der dritten Stufe steht der derzeitige Goldstandard der Schmerztherapie: die Periduralanalgesie (PDA). Bei dieser Form der Regionalanästhesie wird ein Lokalanästhetikum in die Nähe des Rückenmarks (in den Periduralraum) gespritzt. Zusätzlich zum schmerzstillenden Effekt können jedoch auch motorische und sensorische Einschränkungen auftreten, die die Geburt wiederum behindern können.
Ultraschallbilder in Virtual Reality
Für die Studie rekrutierten die Koordinatoren 100 Schwangere, die an einer Privatklinik in der Türkei vorstellig wurden.
- Bei 50 Teilnehmerinnen wurden 3D-Ultraschallbilder während der 28 Schwangerschaftswoche aufgenommen und Ihnen während der Geburt mittels Smartphone und Virtual-Reality-Brille gezeigt.
- Die 50 Frauen in der Kontrollgruppe erhielten eine Standardbehandlung.
In beiden Gruppen wurde die Schmerzintensität während der Geburt mit einer visuellen Analogskala gemessen (VAS 0–10; bei 4 cm und 9 cm zervikaler Dilatation). Zwei Stunden nach der Geburt wurde bei den Patientinnen ein Screening auf Angsterkrankungen durchgeführt (Perinatal Anxiety Screening Scale; PASS 0–93 Punkte). Zusätzlich erfasste ein Forscher mit einem Fragebogen, wie die Frauen die Geburt wahrgenommen hatten (The Women’s Perception for the Scale of Supportive Care Given During Labor; POBS 33–132).
Ergebnisse
- Bei 4 cm zervikaler Dilatation war die Schmerzintensität in beiden Gruppen gleich (4,0 vs. 4,0).
- Bei 9 cm zervikaler Dilatation war die Schmerzintensität in der Gruppe, der man die Bilder ihrer Kinder gezeigt hatte, signifikant niedriger (4,7 vs. 6.7).
- Die Patientinnen mit der Virtual-Reality-Intervention waren mit den Umständen der Geburt zufriedener (POBS-Score 85,6 vs. 64,4).
- Der PASS-Score betrug 42,8 Punkte mit und 85,4 Punkte ohne Intervention.
Kommentar
Psychische Faktoren können Schmerzen massiv beeinflussen. Oft berichten Mütter von Glücksgefühlen nach der Geburt beim Halten des Neugeborenen, die sogar stärkste Schmerzen unterdrücken können. Offensichtlich haben die Initiatoren dieser Studie versucht, diesen Effekt zu nutzen. Da das Kind zum Zeitpunkt der stärksten Schmerzen aber nun zwangsläufig nicht sichtbar ist, haben sich die Forscher mit Ultraschallaufnahmen beholfen. Das ist ein sehr interessanter Ansatz, da im Gegensatz zu Medikamenten kaum mit Nebenwirkungen zu rechnen ist.
Bis flächendeckend Virtual-Reality-Devices im Kreißsaal zur Verfügung stehen, wird es wahrscheinlich noch etwas dauern. Vielleicht ist es aber eine gute Idee, sich das aktuelle Ultraschallbild als Ausdruck mitzunehmen.