Pimavanserin als neuer Behandlungsansatz bei Demenz-bedingten Psychosen?

Neurodegenerative Erkrankungen des Gehirns können auch mit Psychosen einhergehen. In einer Studie wurde nun gezeigt, dass Pimavanserin bei Demenz-bedingten Psychosen hilfreich sein könnte. Doch die Studie wirft auch Fragen auf.

Konventionelle Antipsychotika vs. Pimavanserin

Konventionelle Antipsychotika, die bei der Behandlung von Psychosen zum Einsatz kommen, binden an D2-Dopaminrezeptoren und haben teils unterschiedliche Aktivität an anderen Rezeptoren (histaminergen und muskarinergen Rezeptoren). Damit gehen sie auch mit unterschiedlichen Sicherheitsprofilen einher. Demgegenüber wirkt Pimavanserin in vitro als inverser Agonist und Antagonist überwiegend am 5-Hydroxytryptamin-2A(5-HT2A)-Rezeptor ohne nennenswerte Aktivität an anderen Rezeptoren.

In einer Studie wurde nun untersucht, inwieweit demenzerkrankte Patienten mit einer Demenz-bedingten Psychose von einer Behandlung mit Pimavanserin profitieren.

Studiendesign

In einer ersten Screeningphase bekamen insgesamt 794 Patienten mit einer Demenzerkrankung und gleichzeitig assoziierten Psychose eine kurze psychosoziale Intervention, wie sie sonst auch üblicherweise vorgenommen wird.

Zuerst Open-Label-Phase …

Am Ende des Screenings blieben 392 Patienten übrig, bei denen die Psychose weiter bestehen blieb.  Nach Ausschluss von 41 Patienten (administrative Gründe) blieben 351 Patienten übrig. Diese wurden in eine Open-Label-Studie für 12 Wochen eingeschlossen und bekamen entweder einmal täglich:

  • 34 mg Pimavanserin oder
  • 20 mg Pimavanserin

Die Verteilung der verschiedenen Demenzerkrankungs-Typen bei den eingeschlossenen Patienten sah wie folgt aus:

  • 66% hatten eine Demenz aufgrund einer Alzheimer-Erkrankung
  • 15% hatten eine Demenz aufgrund einer Parkinson-Erkrankung
  • 10% hatten eine vaskuläre Demenz
  • 7% hatten eine Lewy-Körper-Demenz
  • 2% hatten eine frontotemporale Demenz

Das mittlere Alter der eingeschlossenen Patienten lag bei 74,5±8,3 Jahren. Die mittlere Dauer der kognitiven Einschränkungen lag bei 4,3±2,8 Jahren. Die große Mehrheit der Patienten (81,6%) hatte sowohl Wahnvorstellungen als auch Halluzinationen bei Einschluss.

… gefolgt von doppelblinder, randomisierter Placebo-kontrollierter Studienphase

217 Patienten aus der Open-Label-Phase hatten am Ende der Phase ein anhaltendes Ansprechen auf Pimavanserin (dieses beinhaltete eine mindestens 30%ige Reduktion der psychotischen Symptome) und wurden im Anschluss in einer doppelblinden Studie in eine der beiden Gruppen für bis zu 26 Wochen randomisiert:

  • Pimavanserin (n=105)
  • Placebo (n=112)

Primärer Endpunkt war die Zeit von der Randomisierung bis zum Rückfall der Psychose.

Rückfall signifikant seltener unter Pimavanserin

Nach den 12 Wochen der Open-Label-Phase konnte eine durchschnittlich 75,2%ige Reduktion der psychotischen Symptome (gemessen an den Positiv-Symptomen „Halluzinationen und Wahnvorstellungen“) festgestellt werden. In einer Interimsanalyse während der doppelblinden randomisierten Placebo-kontrollierten Phase wurde festgestellt, dass ein Rückfall in der Pimavanserin-Gruppe signifikant seltener vorkam als in der Placebo-Gruppe. Allerdings traten Rückfälle nur bei 13% in der Pimavanserin- und bei 28% in der Placebo-Gruppe auf (Hazard Ratio 0,35; 95%-Konfidenzintervall 0,17–0,73; p=0,005).

Zudem war das Risiko eines Studienabbruchs unter Pimavanserin niedriger als unter Placebo.

Sicherheit

Insgesamt traten Nebenwirkungen während der doppelblinden Studienphase bei 41% (n= 43) der Pimavanserin- und bei 37% (n=41) der Placebo-Gruppe auf. Zu den häufigsten Nebenwirkungen in der Pimavanserin-Gruppe gehörten Kopfschmerzen, Obstipation, Harnwegsinfekte und asymptomatische QT-Zeitverlängerungen.

Fazit

In dieser Studie führte das vorzeitige Beenden der Behandlung mit Pimavanserin zu einem höheren Risiko eines Psychose-Rückfalls als die Weiterbehandlung mit Pimavanserin. Allerdings zeigt die Studie auch Limitationen, wie aus dem begleitenden Editorial hervorgeht. So hatte die Studie nicht genug Power, um signifikante antipsychotische Effekte in den verschiedenen Subtypen der Demenzerkrankungen zu analysieren. Darüber hinaus könne eine Verzerrung der Ergebnisse zugunsten des Pimavanserin entstanden sein, da bei der demenziellen Parkinson-Erkrankung ein niedriges Risiko für einen Psychose-Rückfall bestehe und immerhin 15% der Teilnehmer dieser Subgruppe zuzuordnen waren.

Quellen

Tariot PN et al. Trial of Pimavanserin in Dementia-Related Psychosis. N Engl J Med 2021; 385:309-319
DOI: 10.1056/NEJMoa2034634.

Friedman JI. Pimavanserin in Dementia-Related Psychosis. N Engl J Med 2021; 385:372-373
DOI: 10.1056/NEJMe2109010