Masernimpfung in Deutschland: Wie ist der Stand?

Auf der Online-Fortbildung „Infektionsschutz der Kinder geht uns alle an! – mit und ohne Corona“ der Firma MSD, an der mehr als 250 Personen teilnahmen, gab Prof. Dr. med. Johannes Hübner, München, ein Update zum Stand der Masernimpfung in Deutschland.

Masernfälle haben abgenommen

Mittlerweile sind die Masern in Deutschland eine Rarität geworden und so mancher Kinderarzt hat noch keinen Masern-Patienten zu Gesicht bekommen. 1938 sah das noch anders aus und mehr als 39.000 Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre sind an den Masern gestorben.
Dank der Masernimpfung gab es laut RKI in den letzten Jahren nur 500 bis 1000 Fälle pro Jahr; 2020 aufgrund der Covid-19-Maßnahmen sogar nur 76 Fälle. Trotzdem nahm der Anteil der hospitalisierten Fälle bei älteren Kindern zu. Hier verläuft die Erkrankung häufig schwerer und auch tödlich.

Schwere Komplikationen vor allem bei älteren Kindern

Die Masern gehören immer noch zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten. Typisch sind ein Ausschlag mit Konjunktivitis und ein stammbetontes Exanthem. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:1000 bis 1:2000 kommt es bei Kindern jedoch zu einer Masernenzephalitis. Die Hälfte der Betroffenen behält dauerhafte neurologische Schäden. In seltenen Fällen kann sogar eine meist tödlich verlaufende Komplikation, die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE), auftreten. Diese wird nach WHO-Angaben bei vier bis elf von 100.000 Masern-Fällen im Durchschnitt etwa sieben Jahre nach einer akuten Masern-Infektion beobachtet.

Die zweite Impfung hinkt hinterher

Derzeit haben in Deutschland etwa 90% die erste Masernimpfung erhalten. Die zweite Impfung hängt meist nach oder erfolgt zu spät. Laut RKI-Daten haben 97,1% der Schulanfänger die erste Impfung bekommen. Bei der zweiten gibt es große regionale Unterschiede. Hier waren es 2017 etwa 93%. Abrechnungsdaten der Barmer-Ersatzkasse von 2019 ergaben einer Durchimpfungsrate von nur 88,8% bei Schulanfängern. Hier seien die Abrechnungsdaten laut Prof. Hübner wahrscheinlich verlässlicher, da fehlende Impfpässe bei der Dokumentation hier keine Rolle spielen.
Säuglinge bis ca. sechs Monate haben einen sogenannten Nestschutz durch die Mutter. Nach Ablauf dieses natürlichen Masernschutzes und der Erstimpfung besteht häufig eine Lücke. Deshalb kann bei einem frühen Kitabesuch eine Erstimpfung bereits mit neun Monaten erfolgen. In Deutschland wird die Masernimpfung von der STIKO ab dem 11. Lebensmonat empfohlen. Die Zweitimpfung sollte mit 14 Monaten erfolgen.

Was tun ohne Impfnachweis?

Personen, die vor 1970 geboren wurden und über keine Impfdokumentation verfügen, sollten sich gegen Masern impfen lassen. Ebenso wird für Flüchtlinge ohne Impfnachweis eine Masernimpfung empfohlen.

Weniger Masernimpfungen in Zeiten von Covid-19

Im nationalen Masernaktionsplan ist das Ziel eine Impfquote von 95% sowohl für die erste Maserimpfung im Alter von 15 Monaten als auch für die zweite Dosis zu erreichen.
Derzeit gibt es in Deutschland, trotz der Einführung des Masernschutzgesetztes am 1. März 2020 einen massiven Einbruch der Impfungen aufgrund der Corona-Pandemie. Die Gründe sind z. B.:

  • Weniger ambulante Arztbesuche
  • Menschen bleiben eher zuhause
  • Beeinträchtigung des Nahverkehrs
  • Einschränkung der Bewegungsfreiheit
  • Angst, beim Arzt Covid-19 ausgesetzt zu sein
  • Abzug von medizinischem Fachpersonal für Covid-Einsatzaufgaben

Somit ist das Erreichen des nationalen Masernaktionsplans momentan eher unwahrscheinlich. Die Aufklärung, nicht nur über die Kinderärzte, spielt deshalb eine umso größere Rolle.

Quelle

Prof. Dr. med. Johannes Hübner, München. Neues zum Masernschutzgesetz. Fortbildungsveranstaltung von MSD: Infektionsschutz der Kinder geht uns alle an! – mit und ohne Corona, virtuell am 23. Juni 2021.