Die Behandlung mit Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) gehört inzwischen bei vielen Krebsarten zum Standard. Doch sind ICI bei älteren Patienten genauso wirksam wie bei jüngeren? Eine Gruppe aus Frankreich ging dieser Frage in einer Metaanalyse nach.
Aus dem onkologischen Behandlungsalltag nicht mehr wegzudenken
PD-1-, PD-L1- und CTLA-4-Inhibitoren werden für immer mehr neue Indikationen zugelassen und zum Teil bereits als Erstlinientherapie eingesetzt. Selbstverständlich sind auch Immuntherapien mitunter mit schweren Nebenwirkungen behaftet, doch insgesamt ist die Lebensqualität besser als unter anderen Krebstherapien. Gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel ist es wichtig, für ältere Krebspatienten wirksame und sichere Therapieoptionen zu haben. Für Patienten, die beispielsweise aufgrund von Begleiterkrankungen keine Chemotherapie mehr erhalten können, scheinen Immuntherapien besonders attraktiv. Mit steigendem Alter verändert sich allerdings das Immunsystem (Immunoseneszenz). Das kann theoretisch auch die Wirksamkeit von ICI beeinflussen. In vorangegangenen Metaanalysen fand sich in der Wirksamkeit zwar kein Unterschied zwischen älteren und jüngeren Patienten, allerdings wurde der Cut-off meist bei 65 Jahren gesetzt.
Zu jung für „alt“, meinen die Autoren einer Metaanalyse aus Frankreich. Sie setzten den Cut-off daher bei 75 Jahren. In ihre Metanalyse flossen Daten von 15 Phase-III-Studien ein, in denen Anti-PD-1-Antikörper (Nivolumab, Pembrolizumab), Anti-PD-L1-Antikörper (Atezolizumab, Avelumab) sowie Anti-CTLA-4-Antiköper (Ipilimumab) als Mono- oder Kombinationstherapie bei Patienten mit unterschiedlichen soliden Tumoren im fortgeschrittenen Stadium gegen Standardtherapien getestet wurden. Die Autoren verglichen das Gesamtüberleben von älteren (≥ 75 Jahre) und jüngeren (< 75 Jahre) Patienten.
Auch für Patienten ab 75 Jahre wirksam – zumindest in der Erstlinientherapie
- Bei Patienten < 75 Jahren erhöhten ICI statistisch signifikant das Gesamtüberleben im Vergleich zu Standardbehandlungen (Hazard-Ratio 0,78; p=0,0003).
- Patienten > 75 Jahre profitierten ebenfalls von der Behandlung mit ICI, allerdings war der Überlebensvorteil nicht so groß wie bei jüngeren Patienten (Hazard-Ratio 0,86; p=0,08).
- Wurden ICI in der Erstlinientherapie eingesetzt, ergab sich ebenfalls sowohl für jüngere als auch für ältere Patienten ein Überlebensvorteil.
- Anders war es, wenn ICI in der Zweitlinientherapie eingesetzt wurden: Hier ergab sich nur für jüngere Patienten ein Überlebensvorteil unter der Immuntherapie. Bei älteren Patienten mit vorangegangene Therapien wie Chemotherapien waren die Immuncheckpoint-Inhibitoren weniger wirksam.
Fazit
ICI wirken auch für ältere Patienten nicht nur mindestens genauso gut, sondern dieser Analyse nach in der Regel besser als konventionelle Therapien – sofern sie frühzeitig in der Therapielinie eingesetzt werden. Doch die Studie hatte auch Schwachpunkte. Das vollständige Literaturreferat lesen Abonnenten in der Dezember-Ausgabe der MMP.
Quelle
Landre T, et al. Immune checkpoint inhibitors for patients aged ≥ 75 years with advanced cancer in first‑ and second‑line settings: a meta‑analysis. Drugs & Aging 2020;37:747–54. https://link.springer.com/article/10.1007/s40266-020-00788-5.