Jeder zweite an Depression Erkrankte erlebte im ersten Lockdown massive Einschränkungen in der Behandlung seiner Erkrankung. Für einen kleineren Teil der Patienten waren Telefon- und Videosprechstunden eine gute Alternative. Das zeigt das aktuelle „Deutschland-Barometer Depression“ der Stiftung Deutsche Depressionshilfe.
Depressiv Erkrankte durch Corona-Maßnahmen besonders belastet
Der Deutschen Stiftung Depression zufolge erkranken etwa 8% (5,3 Mio) der Erwachsenen im Laufe eines Jahres an einer behandlungsbedürftigen Depression. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Wie sich die Corona-Pandemie auf die Situation von Menschen mit Depressionen auswirkt, sollte mit einer Befragung im Juni/Juli 2020 untersucht werden. Insgesamt wurden 5178 Menschen befragt, 263 Befragte befanden sich in einer depressiven Phase.
Depressiv Erkrankte haben der Befragung zufolge nicht mehr Angst als die Allgemeinbevölkerung, sich mit SARS-CoV-2 anzustecken (43% vs. 42%). Den Lockdown im Frühjahr erlebten jedoch im Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung mehr Menschen mit Depression als belastend (74% vs. 59%). Betroffene litten fast doppelt so häufig unter der fehlenden Tagesstruktur wie die Allgemeinbevölkerung (75% vs. 39%). In der häuslichen Isolation blieben depressiv Erkrankte zudem deutlich häufiger tagsüber im Bett als die Allgemeinbevölkerung (48 % vs. 21 %).
Der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, Prof. Dr. Ulrich Hegerl, kommentierte die Ergebnisse in einer Pressemitteilung:
Eine fehlende Tagesstruktur erhöht das Risiko, dass sich Betroffene grübelnd ins Bett zurückziehen. Lange Bettzeiten können die Depression jedoch weiter verstärken. Ein Teufelskreis beginnt.
Während die Allgemeinbevölkerung dem veränderten Leben in der Corona-Krise auch Positives abgewinnen konnte (z.B. den Frühling bewusster zu erleben), war dies bei depressiv Erkrankten weniger der Fall (38% vs. 58%). Auch Wochen nach dem Lockdown fühlten sich Betroffene durch die Situation belastet. Im Juli 2020 gaben 68% der depressiv Erkrankten versus 36% der Allgemeinbevölkerung an, die Situation als bedrückend zu empfinden.
Schlechtere Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen durch Corona
Die Corona-Maßnahmen führten auch in der Versorgung psychisch erkrankter Menschen zu Einschnitten: Jeder zweite Betroffene (48 %) berichtete von ausgefallenen Behandlungsterminen beim Facharzt oder Psychotherapeuten während des Lockdowns. Jeder zehnte an Depression erkrankte Befragte erlebte, dass ein geplanter Klinikaufenthalt nicht stattfinden konnte. 13 % der Betroffenen gaben an, von sich aus Behandlungstermine aus Angst vor Ansteckung abgesagt zu haben.
Um der Versorgungslücke entgegen zu wirken, erhielten Ärzte und Psychotherapeuten im Frühjahr 2020 die Möglichkeit, Videosprechstunden oder telefonische Behandlungen bei den Krankenkassen abzurechnen. Etwa 14% der Befragten nahmen dieses Angebot in Anspruch.
Informations- und Hilfsangebote für Menschen mit Depression
- Wissen, Selbsttest und Adressen rund um das Thema Depression unter deutsche-depressionshilfe.de
- Deutschlandweites Info-Telefon Depression 0800 33 44 5 33 (kostenfrei)
- Fachlich moderierte Online-Foren zum Erfahrungsaustausch für Erwachsene diskussionsforum-depression.de und junge Menschen ab 14 Jahren www.fideo.de