Warum ich keine Omega-3-Fettsäuren empfehle

Omega-3-Fettsäuren könnten die Erkrankungsrate und Sterblichkeit bei koronarer Herzerkrankung senken.­ Die Evidenz hierfür ist allerdings gering.

Studienlage sehr unübersichtlich

Langkettige mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind für unsere Gesundheit unerlässlich. In den meisten Studien konnte für Nahrungsergänzungsmittel aus Fischöl bislang allerdings kein oder nur ein marginaler Effekt auf kardiovaskuläre Endpunkte wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle gezeigt werden.

Omega-3-Fettsäuren nach wie vor hoch im Kurs

Die Nachfrage nach Omega-3-Fettsäuren wie Eicosapentaensäure (EPA), Docosahexaensäure (DHA) sowie α-Linolensäure aus Pflanzen ist nach wie vor groß.

Studien mit diesen mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind jedoch außerordentlich heterogen. Die Teilnehmer haben unterschiedliche kardiovaskuläre Risikoprofile und in den meisten Studien wurden EPA und DHA aus Fischöl untersucht, wohl aber in verschiedenen Dosierungen. Andere Studien haben die Effekte von angereicherten Lebensmitteln oder entsprechenden Diäten ausgewertet …

Geringer Effekt bei Vorerkrankten

In einem neuen Cochrane-Review wurden 86 randomisierte, kontrollierte Studien mit fast 163.000 Teilnehmern analysiert. In den meisten Studien wurden die 3-fach ungesättigten Fettsäuren EPA und DHA aus Fischöl in Kapselform in einer Dosierung von 0,5 bis 5 g pro Tag untersucht.

Eine erhöhte Einnahme von Omega-3-Fettsäuren aus Fischöl hatte keinen oder nur einen minimalen Einfluss auf die Endpunkte Tod, kardiovaskulären Tod, kardiovaskuläre Ereignisse, Schlaganfall oder Herzrhythmusstörungen. Koronare Herzerkrankungen oder Ereignisse im Zusammenhang mit dieser Erkrankung nahmen durch die zusätzliche Einnahme der Omega-3-Fettsäuren aus EPA und DHA leicht ab. Diese Effekte waren aber weder von der Dosis noch von der Studiendauer abhängig.

Anders bei den Triglyceridwerten: Diese konnten durch Omega-3-Fettsäuren aus Fischöl dosisabhängig um bis zu 15 % gesenkt werden.

Unklar: Wie viel und wie lang?

Dieser bisher umfangreichste Review zum Thema Omega-3-Fettsäuren deutet auf einen geringen positiven Einfluss einer Fischöl-Supplementierung bei bereits vorerkrankten Personen hin. Aber es ist immer noch nicht klar, wie viel davon eingenommen werden muss und wie lange die Einnahme erfolgen muss, um das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse tatsächlich zu reduzieren.

Fisch auf den Tisch

So lange das nicht abschließend geklärt ist, empfehle ich meinen Apothekenkunden die pauschale Einnahme von Omega-3-Fettsäure-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln nicht. Man sollte eher dazu raten, die vom Arzt verordnete Therapie konsequent anzuwenden und ein- bis zweimal pro Woche eine Portion fettreichen Seefisch zu verzehren. Für einen präventiven Effekt von Fischmahlzeiten auf kardiovaskuläre Ereignisse gab es übrigens auch nur wenig Evidenz.