Impfung: Immun gegen Informationen

Ein soziales Experiment der Universität Konstanz zeigt, dass vorgefasste Meinungen – in diesem Fall zur Grippeschutzimpfung – so widerstandsfähig sein können, dass sie praktisch gegen die Meinungen anderer immun machen.

Wie wird die individuelle Einstellung im Internet beeinflusst?

Dieser Fragestellung gingen Psychologen der Universität Konstanz mit Unterstützung von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung und der Universität Erfurt im Rahmen eines kontrollierten sozialen Experiments mit Informationen zur Grippeschutzimpfung nach.

Prof. Wolfgang Gaissmaier, leitender Autor der Studie, hielt es aus vorherigen Studien für sehr wahrscheinlich, dass jemand, der online nach Informationen über Impfungen sucht, leichter zum Impfskeptiker werden könnte. Vor einigen Jahren hatte er mit seinem Team eine Studie veröffentlicht, in der gezeigt werden konnte, dass sich negative Informationen in sozialen Netzwerken weiter und schneller verbreiten als positive.

Die Studienautoren erwarteten nun, dass Gruppen, die einer Meinung sind, diese Meinung zunehmend extremer vertreten (Echokammereffekt) und dass dieser Effekt in der Gruppe der Impfgegner deutlich stärker ausfallen müsste. Doch die Erwartungen erfüllten sich nicht.

Im aktuellen Experiment zeigte sich, dass die persönliche Haltung zum Impfen sehr widerstandsfähig gegen Radikalisierung war. Es gab keine Hinweise auf Echokammereffekte. Stattdessen kommunizierten die Menschen nur Informationen, die zu ihren vorgefassten Meinungen passten.

Erfolgreiche Gesundheitskommunikation sollte sich daher den Autoren zufolge auf Personen konzentrieren, die sich noch keine feste Meinung gebildet haben.

Mehr zur Studie hat die Universität Konstanz auf ihrer Webseite zusammengetragen.

Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Vaccine“ publiziert: Giese H, et al. The echo in flu-vaccination echo chambers: Selective attention trumps social influence. Vaccine 2019. https://doi.org/10.1016/j.vaccine.2019.11.038.