Unter Biologika treten häufig immunvermittelte Nebenwirkungen auf. Dazu gehört auch bei vielen Wirkstoffen eine erhöhte Infektionsgefahr. Beim vierten German Pharm-Tox Summit in Stuttgart wurde dieser Aspekt in einem Symposium näher beleuchtet.
Biologika in der Rheumatologie
Unter Therapie mit Biologika, die an verschiedenen Stellen des Immunsystems eingreifen, können zahlreiche Nebenwirkungen auftreten, die so bei anderen Therapien nicht geläufig waren: Die sogenannten immunvermittelten Nebenwirkungen (immune-related adverse events; irAE). Beispielsweise können Infektionen vermehrt auftreten.
Teilnehmer des vierten German Pharm-Tox Summit in Stuttgart konnten im Paul Martini Symposium „Prävention und Management immunologischer Nebenwirkungen bei innovativen Therapieansätzen“ erfahren, wie sich diese Infektionsgefahr bei rheumatologisch behandelten Patienten darstellt.
Bei Erkrankungen des rheumatoiden Formenkreises werden unter anderem TNFα-Blocker wie Adalimumab, Infliximab und Etanercept sowie Interleukinhemmer wie Tocilizumab oder Secukinumab eingesetzt. Etanercept ist ein TNFα-Rezeptor-Fusionsprotein, bei den anderen genannten Therapeutika handelt es sich um monoklonale Antikörper.
TNFα-Blocker
Tuberkulose
Der Tumornekrosefaktor-α ist ein Zytokin, das auf vielen Immunzellen vorhanden ist. Unter TNFα-Hemmung konnte unter anderem ein erhöhtes Tuberkulose-Risiko festgestellt werde, besonders unter Infliximab oder Certolizumab, aber auch bei Adalimumab, wobei Etanercept weniger betroffen ist.
Viele Menschen sind infiziert, aber nicht alle werden akut krank. Die Erreger werden in sogenannten Granulomen (hauptsächlich gebildet aus Makrophagen) verkapselt, damit die Infektion sich nicht weiter ausbreiten kann. Bei mit TNFα-Blockern immunsupprimierten Patienten können diese Granulome nicht ausreichend kontrolliert werden, brechen auf und die Infektion breitet sich aus.
Daher werden mittlerweile viele Patienten vor Beginn einer Therapie mit Biologika auf Tuberkulose gescreent und bei positivem Befund mit Isoniazid vorbehandelt, bevor die entsprechende Antikörpertherapie begonnen werden kann.
Andere bakterielle Infektionen
Diese treten relativ früh nach Beginn der Therapie auf. Dabei überwiegen Lungenentzündungen, Haut- und Weichgewebeinfektionen oder septische Arthritis. Die Raten sind jedoch absolut gesehen nicht so hoch, man geht von zwei bis drei Infektionen mehr aus als unter klassischer DMARD-Therapie.
Virale Infektionen
Bei einer Hepatitis-B-Infektion schlummert das Virus auch nach Jahren oft noch in der Leber und es besteht das Risiko einer Reaktivierung unter immunsuppressiver Therapie. Unter TNFα-Blockern ist diese Gefahr moderat, stärker betroffen ist beispielsweise Rituximab. Bei Herpes Zoster ist die Infektionsrate sehr hoch und das Risiko für den Ausbruch einer Gürtelrose steigt bei Immunsuppression. Allerdings bietet hier die Impfung mit dem Totimpfstoff einen guten Schutz.
Interleukin-Hemmung
Auch unter dem gegen den Interleukin-6-Rezeptor gerichteten monoklonalen Antikörper Tocilizumab ist ein Screening auf Tuberkulose wegen des erhöhten Risikos erforderlich. Außerdem ist bei einer IL-6-Blockade zu beachten, dass dadurch auch das C-reaktive Protein (CRP) heruntergefahren wird. Sind die Spiegel des Entzündungmarkers niedrig, wird eine bestehende Infektion unter Umständen nicht erkannt bzw. deren Schweregrad falsch eingeschätzt. Dies ist im momentan erhältlichen Patientenpass für Tocilizumab vermerkt und kann so die Sicherheit der Patienten verbessern.
Unter IL-17-Hemmern wie Secukinumab ist die Tuberkulosegefahr geringer, dafür sind Candida-Infektionen häufiger. Dieser Effekt ist allerdings dosisabhängig. Wenn das überschießende Immunsystem nur herunterreguliert, aber nicht vollends ausgeschaltet wird, reduziert dies häufig schon die Infektionsgefahr unter Biologika-Therapie (z. B. auch die Candida-Infektionen unter IL-17-Blockade).