Atopische Dermatitis ist unangenehm für die Betroffenen. Empfindliche und trockene, oft gerötete Haut und Juckreiz sind typische Beschwerden. Je nach Schweregrad kommen für Patienten neben einer Basispflege topische Glucocorticoide als Therapie infrage. Vor Kurzem wurde außerdem Dupilumab zugelassen. Erste kleine Studien zeigen, dass die Therapie auch in eine ganz andere Richtung gehen kann.
Hautbesiedlung und Ekzeme: Welche Rolle spielt das Hautmikrobiom?
Patienten mit atopischer Dermatitis haben oft eine defekte Hautbarriere und tendenziell mehr grampositive Bakterien als Menschen ohne Ekzeme. Vor allem an aufgekratzten Hautstellen besteht die Gefahr einer Superinfektion mit Keimen wie Staphylococcus aureus.
Von Ekzemen betroffene Körperregionen sind vor allem Ellbogenfalte, Kniekehle, Nacken oder Hände. Bei Gesunden sind diese Regionen oftmals mit verschiedenen gramnegativen Bakterien besiedelt. Einige dieser Bakterien erzeugen Lipide, die Patienten mit Ekzemen fehlen können.
Amerikanische Wissenschaftler um Ian Myles stellten sich die Frage, ob diese Hautbakterien protektiv wirken könnten. Da gramnegative Hautbakterien keine Infektionen hervorrufen, hatte sich lange niemand darum bemüht, speziell diese Gruppe systematisch zu untersuchen. Sie kultivierten verschiedene Stämme. Vorherrschend unter den neun Arten, die sie identifizierten, war Roseomonas mucosa. Es kommt bei etwa 70% der Menschen mit gesunder Haut vor, aber nur bei 20% der Patienten mit Ekzemen.
Unterschiede wie Tag und Nacht
In Zell- und Tierversuchen zeigte sich, dass R. mucosa, der von gesunder Haut stammt, S. aureus hemmen und Ekzeme verbessern kann – im Gegensatz zu R.-mucosa-Stämmen von Ekzem-Patienten. Das liegt anscheinend an Lipiden, die R. mucosa produzieren kann. So unterscheiden die Stämme sich auch in den Petrischalen sichtlich: R. mucosa von gesunden Freiwilligen erscheint öliger, von Probanden mit Ekzemen trocken.
Lässt sich nun bei Patienten mit Ekzemen die Besiedlung mit nützlichen Bakterien wiederherstellen? Diese Fragestellung sollte in einer kleinen offenen Phase-I/II-Studie mit zehn Erwachsenen und fünf Kindern von 9 bis 14 Jahren mit Ekzemen angegangen werden. Die Erwachsenen sollten ihre Haut mit einer Mischung aus Zuckerwasser und R. mucosa von Menschen mit gesunder Haut zweimal wöchentlich für sechs Wochen besprühen und ansonsten ihre normale Hautpflege beibehalten. Die Kinder durften ihre Hautpflege ändern. Sie wurden 16 Wochen lang behandelt.
Es traten keine Komplikationen oder Infektionen auf und die Hautsymptome verbesserten sich um durchschnittlich 65% – mehr als ein zu erwartender Placebo-Effekt. Der Verbrauch an topischen Glucocorticoiden konnte gesenkt werden.
Die Studie läuft noch und es wurden weitere pädiatrische Patienten aufgenommen. Im November werden die ersten Auswertungen erwartet, darunter auch zu Veränderungen der Hautmikrobiome und -lipide vor und nach der Behandlung. Abhängig von den Ergebnissen könnte im nächsten Jahr eine größere Placebo-kontrollierte Studie beginnen.
Koagulase-negative Staphylokokken
In eine andere Richtung gehen Versuche von Richard Gallo und Kollegen mit Koagulase-negativen Staphylokokken, darunter Staphylococcus epidermidis. In eine Lotion gemischt und auf die Haut aufgetragen, erzeugten die Bakterien von gesunden Freiwilligen bei Patienten mit Ekzemen antimikrobielle Peptide und verringerten ebenfalls die Besiedlung durch S. aureus.
Vorläufigen Ergebnissen einer kleinen Studie mit 14 Ekzem-Patienten zufolge verringerten Bakterientransplantate mit Koagulase-negative Staphylokokken die S.-aureus-Kolonisierung – abhängig von der Bakteriendosis. In dieser Studie erhielten Patienten eigene Bakterien. Inzwischen wurden auch Fremdtransplantate mit Bakterien gesunder Spender getestet. Die Veröffentlichung der Ergebnisse steht noch aus.
Und jetzt?
Natürlich werden mehr Studien benötigt, um die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit der Bakterientransplantate zu bestimmen. Doch so wie Mikrobiom-Transplantate aus den Fäzes die Behandlung von rezidivierenden Clostridium-difficile-Darminfektionen vorantreiben, könnte die Renormalisierung des Hautmikrobioms vielleicht tatsächlich einmal eine neue Art der Behandlung der atopischen Dermatitis werden. Die beteiligten Forscher jedenfalls sind optimistisch. Sie können sich hierfür eine Mischung verschiedener Bakterienstämme vorstellen – darunter R. mucosa, S. epidermidis oder eine vergleichbare Art und vielleicht auch ein Pilz –, die zusammen ein realistischeres Bild von einem gesunden Hautmikrobiom darstellen.