Forscher aus Bonn und Tübingen konnten zeigen, dass Hirnzellen unterschiedlich auf Mengen und Ziffern reagieren: Während die einen vor allem bei Dreier-Mengen feuern, reagieren andere bei Vierer- oder Fünfer-Mengen. Bei Ziffern ist es ähnlich – unterschiedliche Ziffern aktivieren unterschiedliche Neuronen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Neuron“.
Verarbeiten wir abstrakte Zahlen anders als konkrete Mengen?
Bereits kurz nach der Geburt können Säuglinge die Anzahl von Ereignissen abschätzen. Sie können sogar einfache Berechnungen durchführen. Aber was spielt sich dabei im Gehirn ab? Forscher aus der Abteilung für Epileptologie der Universität Bonn und Neurobiologen der Universität Tübingen haben sich diesem Thema etwas genauer gewidmet.
Die Klinik für Epileptologie ist auf chirurgische Eingriffe im Gehirn spezialisiert. Um Krampfherde bei Epilepsiepatienten zu lokalisieren, werden Elektroden ins Gehirn der Betroffenen eingebracht. Damit kann man den Patienten sozusagen beim Denken zuschauen.
An der aktuellen Studie nahmen neun Epilepsie-Patienten teil. Ihnen wurden haarfeine Mikroelektroden in den Schläfenlappen eingesetzt, mit denen die Reaktion einzelner Nervenzellen auf visuelle Reize gemessen werden konnte. Die Probanden sahen dann auf einem Bildschirm eine unterschiedlich große Anzahl von Punkten – mal nur einen, mal vier oder auch fünf.
Jede Menge erzeugt im menschlichen Gehirn ein spezifisches Aktivitätsmuster
Das Spannende: Bestimmte Nervenzellen feuerten jeweils bei ganz bestimmten Mengen. Interessant war außerdem, dass die Neuronen zwar auf eine bestimmte Menge „eingestellt“ waren, aber auch auf leicht abweichende Mengen ansprachen – dann aber schwächer. Experten nennen das „Numerical Distance Effect“.
Ziffern sind keine einfachen Zeichen
Mit Ziffern funktioniert das Prinzip ähnlich: Je nach Ziffer feuern andere Neuronen. Aber die Ziffer „3“ regte andere Nervenzellen an als eine Menge mit drei Punkten. Besonders spannend fanden die Forscher, dass es auch bei den Ziffern-Neuronen einen „Numerical Distance Effect“ gab. Ziffern sind also fest mit einer bestimmten Mengenvorstellung verwoben.
Originalpublikation
Kutter et al., Single Neurons in the Human Brain Encode Numbers, Neuron (2018)
Pressemitteilung: https://idw-online.de/de/news702569