Sekundär progrediente multiple Sklerose: Siponimod ein wenig wirksamer als Placebo

Siponimod zeigte in einer Studie bei Patienten mit sekundär progredienter multipler Sklerose (SPMS) im Vergleich zu Placebo einen signifikanten Einfluss auf die Krankheitsprogression. Doch der absolute Therapieerfolg war gering.

Siponimod moduliert den Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor S1P

Mehr als die Hälfte der Patienten mit multipler Sklerose (MS) entwickelt aus der ursprünglich schubförmigen Form innerhalb von 10 bis 20 Jahren eine sekundär progrediente MS. Neurologische und neuropsychologische Defizite verschlechtern sich dann nicht mehr in Schüben, sondern kontinuierlich.

Zwar gibt es inzwischen eine Vielzahl immunmodulatorischer Therapien für die schubförmige MS. Bei der SPMS sind sie aber entweder nicht wirksam oder noch nicht ausreichend untersucht.

Siponimod zum Beispiel zeigte sich bei schubförmiger MS wirksam. Es verhindert die Rezirkulation peripherer Lymphozyten in das zentrale Nervensystem.

In einer Phase-III-Studie (EXPAND) zeigten etwas weniger SPMS-Patienten unter Siponimod eine Behinderungsprogression nach drei Monaten als unter Placebo:

  • Siponimod: 26% (288 von 1096 Patienten)
  • Placebo: 32% (173 von 545 Patienten)
  • Hazard-Ratio 0,99; 95%-Konfidenzintervall 0,65–0,95; relative Risikoreduktion 21%; p = 0,013

Die Studie zeigte zwar ein signifikantes Ergebnis, der absolute Nutzen der Therapie war jedoch nicht besonders hoch. Ob sich die Effekte auch langfristig auswirken, ist derzeit nicht bekannt.

Nebenwirkungen berichteten 89 % der Patienten unter Siponimod und 82 % unter Placebo. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten bei 18 % der Patienten unter Siponimod und bei 15 % unter Placebo auf. Häufigste schwerwiegende Ereignisse unter Siponimod waren Lymphopenien, ein Anstieg der Leberenzyme, Bradykardie, Makulaödeme, arterielle Hypertonie sowie eine Varizella-Zoster-Reaktivierung.

Hintergrundinformationen zur EXPAND-Studie

Insgesamt nahmen 1651 Patienten an der internationalen, doppelblinden, randomisierten Phase-III-Studie teil. Eingeschlossen wurden Patienten zwischen 18 und 60 Jahren mit Werten zwischen 3,0 und 6,5 auf der Expanded Disability Status Scale (EDSS). 1105 Patienten erhielten Siponimod, 556 Patienten Placebo.

Die MS bestand im Mittel seit 16,8 Jahren, die SPMS seit 3,8 Jahren. Etwas mehr als die Hälfte der Patienten benötigte eine Gehhilfe. In der Siponimod-Gruppe beendeten 903 Patienten die Studie (82 %), in der Placebo-Gruppe 424 (78 %).

Die Therapie erfolgte bis zu drei Jahre mit 2 mg Siponimod täglich oder Placebo. Der primäre Endpunkt war die Zeit bis zu einer nachgewiesenen Verschlechterung der Erkrankung in einem Dreimonatszeitraum. Gesponsert wurde die Studie von Novartis.

Die EXPAND-Studie ist die erste Studie, die einen Therapieeffekt einer immunmodulatorischen Therapie bei Patienten mit SPMS zeigt. Was trotz des geringen absoluten Effekts für die Therapie mit Siponimod sprechen könnte, kommentiert Professor Dr. H.-C. Diener in der kommenden Ausgabe der Arzneimitteltherapie (AMT). Das Heft erscheint am 6. Juli 2018.

Quelle

Kappos L, et al. Siponimod versus placebo in secondary progressive multiple sclerosis (EXPAND): a double-blind, randomized, phase 3 study. Lancet 2018;391:1263–73.