Wie Muttermilch bei der Brustkrebs-Diagnose helfen könnte

Die Untersuchung von Muttermilch auf zellfreie Tumor-DNA könnte zu einer früheren Diagnose von Brustkrebs bei schwangeren Frauen und neu gewordenen Müttern beitragen – das deuten die Ergebnisse einer kleinen Kohortenstudie an.

Schwangere Frauen sind besonders gefährdet

Brustkrebs gilt weiterhin als die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Tritt der Krebs während oder nach einer Schwangerschaft auf, wird er oft erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt, was die Prognose drastisch verschlechtert. Daneben steigt das Alter der Mütter bei der Geburt, vor allem in Industrieländern wie Deutschland, seit Jahren an, wodurch das Krebsrisiko zusätzlich erhöht wird. Um die Prognose dieser besonderen Patientengruppe zu verbessern, sind Früherkennungsmethoden essenziell. Dabei könnte der Nachweis von zellfreier Tumor-DNA (ctDNA) in der Muttermilch hilfreich sein.

Es mangelt an Früherkennungsmethoden

Die hohe Mortalität von Brustkrebs während und nach der Schwangerschaft geht nicht zuletzt auf eine verzögerte Diagnose der Erkrankung zurück. Da die Brustdrüsen während der Schwangerschaft große morphologische Veränderungen erfahren, ist eine Untersuchung durch bildgebende Verfahren weniger aussagekräftig. Weiterhin werden Symptome in dieser besonderen Zeit sowohl von Patientinnen als auch von Medizinern häufig falsch eingeschätzt.

Untersuchungen des Blutplasmas auf ctDNA im Rahmen einer Liquid Biopsy stellen eine Alternative zu bildgebenden Verfahren dar, die vor allem bei schwangeren Frauen und frischgebackenen Müttern erfolgreicher sein könnte. Lokal begrenzter Brustkrebs setzt allerdings verhältnismäßig wenig ctDNA in die umgebende Blutbahn frei. Ein neuer Ansatz der Studienautoren war daher der Nachweis von ctDNA in der Muttermilch anstatt im Blut der Frauen.

Erste Studie weist ctDNA in der Muttermilch nach

Insgesamt wurde die Muttermilch von 15 Teilnehmerinnen mittels droplet digital PCR (ddPCR) untersucht, bei denen die Erkrankung während oder nach der Schwangerschaft diagnostiziert wurde. Weitere zwölf gesunde Teilnehmerinnen dienten als Referenz.

Es konnte etwa 90-fach mehr allgemeine zellfreie DNA (cfDNA) aus der Muttermilch isoliert werden als aus Plasmaproben der Teilnehmerinnen (751,7 ng/ml vs. 8,3 ng/ml; p<0,0001). Weiterhin war die DNA-Integrität der cfDNA in den Muttermilch-Proben höher. Bei 13 der 15 Patientinnen konnte ctDNA nachgewiesen werden, während die Plasmaproben lediglich für eine Patientin positiv waren. In der Muttermilch der gesunden Teilnehmerinnen fielen die Untersuchungen auf ctDNA dagegen negativ aus.

Besonders interessant war außerdem der Nachweis von ctDNA in der Muttermilch von zwei Patientinnen, bei denen die Diagnose durch bildgebende Verfahren erst Monate später erfolgte. Die erste Patientin hatte sich aufgrund ihres vergleichsweise hohen Alters von 47 Jahren regelmäßigen Ultraschall-Untersuchungen unterzogen, bei denen nach geraumer Zeit eine bösartige Veränderung nachweisbar war. In der Muttermilch konnte allerdings schon sechs Monate vorher ctDNA nachgewiesen werden. Die zweite Patientin hatte nach der Schwangerschaft mit ihrem zweiten Kind zufällig Muttermilch weggefroren. Diese wurde 18 Monate später untersucht, als die Frau während der Schwangerschaft mit ihrem dritten Kind Brustkrebs entwickelte.

ctDNA-Nachweis als Alternative zur Liquid Biopsy

In dieser Studie wurde erstmalig ctDNA in der Muttermilch von Patientinnen mit frühem Brustkrebs nachgewiesen. Die Ergebnisse zeigen eine höhere Sensitivität des ctDNA-Nachweises in Muttermilchproben als in Plasmaproben. Zukünftig könnte die Untersuchung der Muttermilch eine Brustkrebsdiagnose beschleunigen und dadurch die Prognose verbessern. Die Autoren weisen jedoch darauf hin, dass die Anzahl der Studienteilnehmerinnen vergleichsweise gering war. Weiterhin wird der neue diagnostische Ansatz dadurch eingeschränkt, dass die Laktation nach der Diagnose von Brustkrebs häufig unterdrückt wird. Daher könnte sich die Gewinnung von Muttermilch-Proben für die Untersuchung in einigen Fällen schwierig gestalten.

Quelle

Saura C, et al. Early-stage breast cancer detection in breast milk. Cancer Discov 2023;13(10):2180-91