BfArM und Zulassungsinhaber warnen vor der zu häufigen Verschreibung Fluorchinolon-haltiger Antibiotika bei nicht zugelassenen Indikationen.
Schwere und langanhaltende UAW möglich
Die Anwendung von Fluorchinolonen kann zu schweren und langanhaltenden unerwünschten Wirkungen im Bereich der Muskeln, Gelenke und dem Nervensystem führen. Hierzu gehören beispielsweise Entzündungen oder Risse der Sehnen, Muskelschmerzen oder Muskelschwäche, Gelenkschmerzen oder Gelenkschwellungen, Schwierigkeiten beim Gehen, Gefühle von Nadelstichen oder Kribbeln, brennende Schmerzen, Müdigkeit, Depressionen, Gedächtnisstörungen, Schlafstörungen, Probleme beim Sehen oder Hören oder ein veränderter Geschmacks- oder Geruchssinn. Sehnenschwellungen und Sehnenverletzungen können innerhalb von zwei Tagen nach dem Behandlungsbeginn mit einem Fluorchinolon, aber auch erst einige Monate nach dem Behandlungsende auftreten.
Einschränkungen der Indikationen
Bereits 2017 war ein europäisches Risikobewertungsverfahren gestartet und 2019 in einem Rote-Hand-Brief auf die Einschränkungen der Indikationen mit entsprechenden Handlungsempfehlungen hingewiesen worden.
Wann sollten Fluorchinolone nicht angewendet werden?
Aktuell wird erneut darauf hingewiesen, dass oral und inhalativ angewendete Fluorchinolone nur für die zugelassenen Indikationen und nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung für den einzelnen Patienten verschrieben werden sollten.
Das bedeutet, sie sollten nicht angewendet werden:
- zur Behandlung von Infektionen, die auch ohne Behandlung abklingen oder die nicht schwer sind (z. B. Entzündungen des Halses),
- zur Vorbeugung der Reisediarrhöe oder wiederkehrender Infektionen der unteren Harnwege (sofern sie nicht über die Blase hinausgehen),
- zur Behandlung leichter bis mittelschwerer Infektionen (inklusive unkomplizierte Zystitis, akute Exazerbation der chronischen Bronchitis, und chronische obstruktive Lungenerkrankung (COPD), akute bakterielle Rhinosinusitis und akute Mittelohrentzündung), es sei denn, andere Antibiotika, die üblicherweise zur Behandlung dieser Infektionen empfohlen werden, können nicht angewendet werden.
- zur Behandlung nichtbakterieller Infektionen, z. B. nichtbakterielle (chronische) Prostatitis
Patienten über 60 Jahre, Patienten mit Niereninsuffizienz, Organtransplantierte oder Patienten, die Glucocorticoide einnehmen, haben ein höheres Risiko, Sehnenschäden durch ein Fluorchinolon zu entwickeln.
Erneuter Rote-Hand-Brief notwendig
In der Studie (Impact of European Union Label Changes for Fluoroquinolone Containing Medicinal Products for Systemic and Inhalation Use) kam heraus, dass die Maßnahmen zur Anwendungseinschränkung in sechs europäischen Ländern, darunter auch Deutschland, nur geringe Wirkung hatten.
Ein weiterer Rote-Hand-Brief an Angehörige der Heilberufe in der EU wurde nun verschickt. Hierin wird nochmals betont, dass die Verschreibung und Anwendung von Fluorochinolonen auf die zugelassenen Indikationen beschränkt werden sollte und außerdem nur bei einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Bewertung für den einzelnen Patienten angewendet werden sollte.
Quelle
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Fluorchinolonhaltige Antibiotika: Erinnerung an Maßnahmen zur Verringerung des Risikos für schwerwiegende, die Lebensqualität beeinträchtigende und potentiell dauerhafte Nebenwirkungen.