Psychosoziale Aspekte von Long-COVID

Nach einer SARS-CoV-2-Infektion haben zahlreiche Menschen mit anhaltenden Symptomen zu kämpfen. Dr. Christine Allwang, München, erläuterte bei der Pressekonferenz zum Deutschen Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, welche Rolle psychologische Faktoren spielen können.

Erstbeschreibung über Social Media

Bei Long-COVID leiden Betroffene nach einer COVID-19-Infektion über die Dauer von vier Wochen noch an Symptomen. Nach zwölf Wochen spricht man von Post-COVID. Wie viele Menschen genau betroffen sind ist bisher nicht klar, die Angaben schwanken stark. Die WHO geht von 10 bis 20% aus.

Ungewöhnlich war, dass das Phänomen erstmalig über Social Media bekannt wurde, berichtete Dr. Christine Allwang, München. Patienten tauschten sich bereits über Twitter und Facebook darüber aus und gaben sich gegenseitig Ratschläge, als es aus der Medizin und Wissenschaft noch keine Erkenntnisse dazu oder gar Hilfe gab. Dies begann bereits im Mai 2020, während die Definitionen der WHO bis Sommer 2021 und die S1-Leitlinie bis Oktober 2021 auf sich warten ließen.

Die Pathomechanismen für Long-COVID sind bisher nicht geklärt und wahrscheinlich multifaktoriell. Unter anderem spielen psychosoziale und psychologische Aspekte eine erhebliche Rolle bei der Entstehung von Long-COVID, so Allwang.

Negative Erwartung verursacht Symptome

Allwang stellte mehrere Studien vor, die belegen, dass psychologische Faktoren wie depressive Symptome, Ängstlichkeit oder die Angst vor einer Infektion sowie vor einer anhaltenden Symptomatik die Entstehung von Long-COVID begünstigen. Auch Stress sowie hohe Belastung oder Einsamkeit erhöhen das Risiko. Lagen mindestens zwei dieser Risikofaktoren vor, stieg das Risiko für Long-COVID um 50%.

Auch die Erwartung der Patienten spielte eine wichtige Rolle: Wer Angst vor der Infektion hatte und sich Sorgen machte, lang andauernde Symptome zu entwickeln, erkrankte häufiger an Long-COVID.

Das hat einen höheren prädiktiven Vorhersagewert als die Infektion selbst.

So wurde ein stärkerer Zusammenhang zwischen den negativen Erwartungen und den körperlichen Beschwerden wie Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Kurzatmigkeit oder Müdigkeit gezeigt als zwischen einer tatsächlich bestätigten Infektion und den andauernden Beschwerden.

Quelle

Dr. Christine Allwang. Long-COVID: Warum psychosoziale Aspekte wichtig sind. Pressekonferenz zum Deutschen Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Online, 26.04.2023.